Debatte über Managergehälter:Die Macht der Verbitterten

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Aktionäre können künftig über Chefgehälter abstimmen. Das erzieht nicht nur die Führungsspitze, sondern könnte auch dem Image der Anleger helfen.

Hans von der Hagen

Der Aktionär ist eine Spezies, die von den Unternehmen missbilligend und von der Gesellschaft mit Geringschätzung wahrgenommen wird. Den Managern gilt er als notwendiges Übel, den Bürgern als Symbol für Gier und Maßlosigkeit.

Deutsche-Bank-Chef Ackermann hat wie kein anderer die Debatte um Managergehälter in Deutschland angefacht - auch wenn eine ganze Reihe von Managern mehr verdient als Ackermann. (Foto: Foto: ddp)

Das Ich-Bewusstsein der Aktionäre wiederum schwankt zwischen einem Gefühl von Ohnmacht (Kleinanleger) und Allmacht (institutionelle Investoren).

Jetzt soll dieser ungleichen Spezies eine ganz besondere Rolle zukommen. Unternehmen wie Siemens oder Thyssen-Krupp wollen ihre Anteilseigner über die Höhe der Vorstandsgehälter abstimmen lassen.

Gemessen daran, dass noch vor wenigen Jahren die Höhe der Gehälter von Vorständen ein eifersüchtig gewahrtes Betriebsgeheimnis war, wäre das ein gewaltiger Schritt nach vorn - hin zu mehr Mitsprache. Das ist freilich nicht Folge wachsender Einsichtsfähigkeit in den Führungsspitzen, sondern Folge der intensiven Diskussion in der Öffentlichkeit über die Entlohnung von Managern..

Allein - was wird ein solcher Schritt bringen, zumal sich der Aufsichtsrat formal nicht um das Votum der Aktionäre kümmern müsste, da es nicht bindend ist? In Großbritannien etwa dürfen Aktionäre schon jetzt per Abstimmung Einfluss auf die Managergehälter nehmen. Den exzessiven Vergütungen hat das dort kaum Abbruch getan.

Immer wieder rebellierten Aktionäre gegen die übermütigen Gehaltsvorstellungen der "Fat Cats", wie Großkopferte in Großbritannien genannt werden. Spektakulär wurden etwa im Jahr 2003 die Millionenforderungen von Jean-Pierre Garnier, dem Chef des Pharmaunternehmens GlaxoSmithKline, zurückgewiesen und vor wenigen Monaten geriet die Shell-Führung unter Beschuss.

Doch das Gefühl der Ohnmacht bei den Kleinaktionären kommt nicht von ungefähr. Die Entscheidung über die Bezahlung des Vorstandes fällt im Aufsichtsrat eines Unternehmens. Und der weiß genau, wie das Geschäft läuft: Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat billigen dann schon mal die Gehaltsforderungen des Vorstands, wenn der dafür die Beschäftigungsgarantie zugunsten der Arbeitnehmer durchwinkt.

Wenn künftig noch die Zustimmung der Anteilseigner nötig ist? Bitte, dann wird im Vorfeld ein Gespräch mit den Großinvestoren geführt. Diese haben mit hohen Gehaltsforderungen ohnehin kein Problem. Mit der Macht vieler Stimmrechte werden sie dafür sorgen, dass auf der Hauptversammlung nichts dem Zufall überlassen bleibt. Das sorgt auf Seiten der kleineren Aktionäre für viel Frustration. Aber immer schon galt: Alles, was in Unternehmen stattfindet, ist ein großes Geben und Nehmen.

Trotzdem ist es ein gut überlegter Schritt, die Zustimmung der Aktionäre zu den Vorstandsgehältern einzufordern: Nichts fürchtet die Unternehmensführung mehr, als dass sich die Öffentlichkeit das Maul über das eigene Gehalt zerreißen könnte.

Gerade im neiderprobten Deutschland, wo Kleinaktionäre schon verbittern, wenn die Chef-Einkommen über 5000 Euro steigen, müssen sich die Vorstände auf Diskussionen gefasst machen, die jene in Großbritannien blass aussehen lassen werden. Erst recht, wenn diese Diskussion als Tagesordungspunkt auf der Hauptversammlung institutionalisiert wird.

Nicht immer sind Vorstandsgehälter maßlos, selbst wenn sie hoch erscheinen. Künftig werden Unternehmen sie aber weit besser begründen müssen als bisher.

So ohnmächtig sich also viele Aktionäre fühlen mögen - sie werden künftig buchstäblich mehr zu sagen haben. Gut möglich, dass dann auch die Öffentlichkeit goutiert, das Aktionäre einmal Verfechter des Augenmaßes werden.

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