Data-Bericht der Entwicklungsorganisation One:Afrika, Kontinent der Hoffnung

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Kinder begrüßen UN-Truppen im sudanesischen Darfur.  (Foto: AFP)

Halb so viel Armut, Schulen für alle, weniger sterbende Kinder: Die Weltgemeinschaft hat für 2015 hohe Ziele. Nun zeigt eine Zwischenbilanz überraschend große Fortschritte in Afrika. Aber es gibt auch weiterhin Staaten, die stagnieren oder zurückfallen.

Von Michael Bauchmüller

Wollte man das alte Afrika-Bild bestätigen, dann wäre Nigeria ein ganz gutes Beispiel. Öleinnahmen in Höhe von 52 Milliarden Dollar etwa im Jahr 2011, aber Elend überall: 30 Prozent aller Malaria-Toten weltweit. Allein 756.000 tote Kinder unter fünf Jahren - im selben Jahr. Reiche Potentaten, armes Land: Lange war das gängiges Klischee. Doch die Dinge ändern sich, und Staaten wie Nigeria werden zunehmend zur Ausnahme.

Das jedenfalls legt der neue Data-Bericht der Entwicklungsorganisation One nahe, der kommende Woche veröffentlicht werden soll. Er untersucht, wie nahe Staaten in aller Welt jenen Zielen sind, die sich die Staatengemeinschaft beim "Millenniumsgipfel" im Jahr 2000 in New York gegeben hatte. Sie sehen etwa eine Halbierung von extremer Armut und Hunger zwischen 1990 und 2015 vor, Schulbildung für alle Jungen und Mädchen, eine Senkung der Kindersterblichkeit um zwei Drittel und der Müttersterblichkeit um drei Viertel. Die Anzahl der Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser soll sich bis 2015 halbieren, die Ausbreitung von HIV eingedämmt sein. Für viele Staaten galten die Millenniumsziele schon als überambitioniert, da waren sie gerade erlassen.

Blick auf die Staaten südlich der Sahara

Der Data-Bericht kommt allerdings zu deutlich optimistischeren Ergebnissen. So habe sich der Anteil der Menschen in extremer Armut binnen 20 Jahren massiv verringert, von 43 Prozent der Weltbevölkerung im Jahr 1990 auf nunmehr 21 Prozent. "Sollte sich dieser Fortschritt fortsetzen und auf alle Staaten ausweiten", so lobt der Bericht, "könnte das praktisch völlige Ende extremer Armut in den nächsten Jahrzehnten Wirklichkeit werden." Starben zur Jahrtausendwende noch jährlich 9,6 Millionen Kinder unter fünf Jahren, waren es zehn Jahre später 2,7 Millionen weniger, heißt es in der Studie.

Sie untersucht den Stand der Dinge vor allem mit Blick auf die Staaten südlich der Sahara. Demnach kommen Staaten wie Ruanda, Äthiopien, Ghana, Malawi, Benin oder Burkina Faso jeweils bei mindestens fünf der acht globalen Ziele zügig voran - zumal offenbar auch aus der Gruppe der am wenigsten entwickelten Staaten zunehmend Länder aufholen. Gleichwohl gibt es auch weiter Staaten, die stagnieren oder zurückfallen - wie etwa Simbabwe oder die Demokratische Republik Kongo.

Aus eigener Kraft

Wo sich aber die Dinge zum Besseren wenden, geschieht dies häufig aus eigener Kraft. So sind bei Bildung, Landwirtschaft und Gesundheit vor allem jene Staaten vorangekommen, die in ihren eigenen Haushalten mehr Geld für Soziales lockermachten. Zwar sei auch die Entwicklungshilfe für Afrika angestiegen, heißt es in dem Bericht. Zugleich hätten sich aber die öffentlichen Ausgaben der Staaten vervierfacht, auf mittlerweile 363 Milliarden Dollar. Zwar macht das Schwergewicht Südafrika allein rund ein Drittel aus, und nicht überall wachsen die öffentlichen Haushalte so wie die Einnahmen aus dem Rohstoffgeschäft. Doch 78 Prozent ihrer öffentlichen Ausgaben bestreiten die Staaten südlich der Sahara inzwischen selbst. "Es ist wichtig, dass in Deutschland ein neues Afrikabild gezeichnet wird", sagt Tobias Kahler, Deutschland-Direktor von One.

Da trifft sich gut, dass an diesem Samstag just Afrika im Mittelpunkt des ersten deutschen "Entwicklungstages" steht. In insgesamt 16 Städten sollen vor allem ehrenamtliche Initiativen und Netzwerke ihre Arbeit vorstellen, zum 50. Jahrestag der Afrikanischen Union. Doch der Tag, den das Haus von Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) mit Millionenaufwand und quasi im Alleingang veranstaltet, trifft bei vielen Initiativen auf Widerstand. Für "Hochglanz-Events" sei das Bündnis Eine Welt in Schleswig-Holstein nicht zu haben, kritisiert der dortige Landeskoordinator Martin Weber. "Engagement ist Sache der Zivilgesellschaft." Auch One kritisiert die Bundesregierung - wegen mangelnden Einsatzes für Afrika. "Allen guten Worten zum Trotz ist das Engagement Deutschlands für Afrika nicht gestiegen, sondern stagniert", sagt Kahler. Unter den zehn größten Empfängerländern deutscher Entwicklungshilfe gab es 2011 nur ein Land, nämlich Kenia. Es stand auf Rang neun.

© SZ vom 25.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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