Cum-Ex-Skandal:Warburg verliert vor Gericht gegen Deutsche Bank

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Zentrale der M.M. Warburg in Hamburg: Der frühere Generalbevollmächtigte der Privatbank steht wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung vor Gericht. (Foto: Morris MacMatzen/Getty Images)

Die Hamburger Privatbank hatte die Deutsche Bank wegen ihrer Rolle bei Cum-Ex-Geschäften verklagt. Das Landgericht Frankfurt entschied jetzt: Warburg haftet für seine Steuerschuld allein.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Die Hamburger Privatbank M. M. Warburg ist am Landgericht Frankfurt mit einer Klage gegen die Deutsche Bank gescheitert. Warburg müsse für seine Cum-Ex-Steuerschuld selbst haften, stellte die zuständige Zivilkammer am Mittwoch fest. Warburg hatte versucht, das weitaus größere Geldhaus im Zusammenhang mit Aktiengeschäften zulasten der Staatskasse für einen dreistelligen Millionenbetrag zur Mithaftung zu zwingen. "Originärer Steuerschuldner war die Klägerin", stellte das Gericht klar. "Grundsätzlich hat der Steuerschuldner seine Steuerschuld endgültig selbst zu tragen." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das Hamburger Traditionshaus hatte sich in den Jahren 2006 bis 2011 umfangreich an einer kriminellen Form des Aktienhandels um den Dividendenstichtag beteiligt. Bei sogenannten Cum-Ex-Geschäften ließen sich die Akteure eine nur einmal gezahlte Steuer auf Kapitalerträge doppelt oder sogar mehrfach erstatten oder anrechnen. Der Steuerkasse entstand dadurch ein Milliardenschaden; das erste Strafurteil wegen schwerer Steuerhinterziehung gegen einen Ex-Banker ist rechtskräftig. Am Landgericht Bonn liegt inzwischen eine weitere Anklage der Staatsanwaltschaft Köln vor, mit der mehrere Warburg-Banker aus dem mittleren Management angeschuldigt sind. Warburg unternahm derartige Deals auf eigene Rechnung und fungierte als Dienstleister für andere. Die Hauptgesellschafter Christian Olearius und Max Warburg und alle weiteren Beschuldigten bei Warburg bestreiten bis heute, sich jemals strafbar gemacht zu haben.

Das erste Bonner Urteil richtete sich auch gegen die Bank: Warburg soll demnach 176,5 Millionen Euro zahlen, wehrt sich dagegen aber in Revision zum Bundesgerichtshof. Die Bank hatte gehofft, sich einen guten Teil dieser Summe bei der Deutschen Bank zurückholen zu können. In ihrer Klageschrift hatten Warburgs Anwälte argumentiert, die Deutsche Bank habe es "pflichtwidrig unterlassen", bei den Steuern abzuführen. Warburg hatte gefordert, die Deutsche Bank solle "die gesamte Steuerlast tragen", also für alle Forderungen aufkommen, die der Fiskus jetzt oder künftig gegen das Hamburger Institut habe. In dem Frankfurter Rechtsstreit stand die Summe von 167 Millionen Euro an Kapitalertragsteuern im Raum, die das Finanzamt Hamburg inzwischen von Warburg zurückverlangt hat.

Die Deutsche Bank sieht sich durch das Urteil bestätigt. Es sei richtig, dass Warburg "ihre eigene Steuerschuld nicht auf einen Dritten abwälzen kann", erklärte ein Sprecher. Das gelte umso mehr, da Warburg klar gewesen sei, "dass sie Cum-Ex-Geschäfte tätigte und die Deutsche Bank in dieser Konstellation keine Steuern einbehalten und abführen würde." Warburg erwägt in Berufung zu gehen, kann dem Urteil aber auch einiges abgewinnen. Schließlich hätten die Richter festgestellt, dass die Deutsche Bank als Depotbank eines ausländischen Aktienverkäufers verpflichtet gewesen wäre, Kapitalertragsteuern abzuführen.

Die Deutsche Bank hatte in den fraglichen Jahren als Depotbank für eine Londoner Finanzfirma agiert, also Aktien verwahrt oder Kauf- und Verkaufsaufträge ausgeführt. Warburg behauptete, man habe im Gegensatz zur Deutschen Bank nicht erkennen können, ob es sich bei den Geschäften um Leerverkäufe von Aktien gehandelt habe. Leerverkäufe, ein Handel mit Aktien, die noch nicht im Besitz der Verkäufer sind, waren zentral für Cum-Ex- Deals. Im Zuge der Urteilsverkündung äußerte das Gericht nun Zweifel an der Darstellung von Warburg, wonach es keine abgesprochenen Cum-Ex-Geschäfte gegeben habe. Warburg ist dennoch entschlossen, sich weiter zu wehren: mit weiteren rechtlichen Schritten, gegen weitere Akteure - darunter jene Anwälte und Händler, die Warburg zur Hoch-Zeit der Cum-Ex-Geschäfte für ihre Zwecke eingespannt hatten.

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