Cum-Ex-Geschäfte:Hohe Altlasten

Das Bundeszentralamt für Steuern hat noch viel Arbeit mit dubiosen Aktiendeals. Über 135 Anträge auf Steuererstattung in Höhe von 623 Millionen Euro wurde noch nicht entschieden - meist sind sie aus der Zeit, als das Steuerschlupfloch noch offen war.

Im Fall der hoch umstrittenen Cum-Ex-Aktiengeschäfte sind noch viele Anträge auf Steuererstattung in Millionenhöhe offen. Aufgrund anhaltender Ermittlungen hat das Bundeszentralamt für Steuern über 135 Anträge in Höhe von insgesamt 623 Millionen Euro noch nicht entschieden, wie aus der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Es handele sich um in Prüfung befindliche und noch nicht ausgezahlte Anträge auf Erstattung von Kapitalertragsteuer, teilte das Bundesfinanzministerium der dpa mit. "Diese Anträge wurden nicht positiv beschieden, eine Verjährung droht folglich nicht."

Die Anträge reichen bis 2006 zurück. Die weitaus meisten stammen aber aus dem Jahr 2011, kurz bevor das Steuerschlupfloch geschlossen wurde. Auf sie entfallen rund 585 Millionen Euro. Weitere 46 Anträge hat das Zentralamt. Bereits gezahlte Beträge wurden zurückgefordert oder die Anträge zurückgezogen. Diese Fälle beliefen sich auf zusammen rund 500 Millionen Euro. Bei Cum-Ex-Aktiengeschäften nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem die Papiere gehörten. Die Folge: Finanzämter erstatteten Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Der Schaden soll in die Milliarden gehen.

Ein erster Gerichtsprozess um solche Aktiendeals beginnt an diesem Mittwoch vor dem Bonner Landgericht. Angeklagt sind zwei britische Staatsbürger. Die Staatsanwaltschaft hat sie der besonders schweren Steuerhinterziehung angeklagt. Sie wirft ihnen vor, einen Schaden von mehr als 440 Millionen Euro verursacht zu haben.

© SZ vom 02.09.2019 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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