Cum-Cum-Geschäfte:Schaden in Milliardenhöhe

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Deutschlands Fiskus bekommt nur wenig vom fragwürdigen Steuersparmodell mit Aktien zurück.

Von Klaus Ott, München

Bei einem fragwürdigen Steuersparmodell mit Aktien zeichnet sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung und des Bayerischen Rundfunks ab, dass der deutsche Fiskus Ausfälle in Milliardenhöhe hinnehmen muss. Das geht aus Zahlen der Bankenaufsicht Bafin in Bonn hervor. Die Bafin teilte auf Anfrage mit, dass nach derzeitigen Erkenntnissen 60 Geldinstitute an sogenannten Cum-Cum-Aktiengeschäften beteiligt gewesen seien. Diese Geschäfte waren so gestaltet worden, dass nach Möglichkeit keine Steuern auf Dividendenerlöse anfielen. Der Schaden für den Fiskus wird auf weit über zehn Milliarden, wenn nicht gar mehr als 20 Milliarden Euro geschätzt. Die Finanzbehörden können offenbar aber nur wenig Geld zurückholen.

Nach Angaben der Bafin gehen die 60 an Cum-Cum-Geschäften beteiligten Banken bisher davon aus, mit 610 Millionen Euro davon zu kommen. Hierbei handele es sich "im Wesentlichen um Steuernachzahlungen" einschließlich möglicher Zinsen, nicht aber um Strafgelder, erklärte die Bafin. Das beruht auf Rückforderungen der Finanzbehörden, die erst spät gegen dieses jahrelang praktizierte Steuersparmodell vorgegangen waren. Die Bafin teilte weiter mit, es sei nicht auszuschließen, dass die Finanzbehörden noch eine wesentlich größere Zahl dieser Aktiengeschäfte als missbräuchlich einstuften. Das würde bei den betroffenen Banken zu einer "deutlich höheren finanziellen Belastung" führen. Konkrete Anhaltspunkte hierfür lägen momentan allerdings nicht vor, so die Bafin. Das deutet darauf hin, dass der Staat nur noch einen kleinen Teil der ihm entgangenen Steuern nachträglich einfordern kann und auch bekommt.

Bei den Cum-Cum-Geschäften ging es um ausländische Anteilseigner deutscher Aktiengesellschaften. Die ausländischen Investoren, etwa US-Fonds, hätten auf ihre Gewinnausschüttungen (Dividenden) normaler Steuern zahlen müssen, bis zu 25 Prozent. Vor den Dividendenzahlungen verliehen die Investoren ihre riesigen Aktienpakete aber an deutsche Banken. Diese kassierten die Dividenden, konnten sich aber die darauf fälligen Steuern vom Fiskus ganz oder teilweise erstatten lassen. Den auf diese Weise zu Lasten der Staatskasse erzielten zusätzlichen Profit teilten sich die ausländischen Investoren und die deutschen Banken untereinander auf.

Die Bundesregierung war erst 2016 dagegen vorgegangen. Zuvor sollen dem Fiskus jährlich fünf bis sechs Milliarden Euro entgangen sein. Entsprechende Berechnungen hatte das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn Mitte 2015 in einem Schreiben an das Bundesfinanzministerium als "plausibel" bezeichnet.

© SZ vom 19.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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