Crédit Mutuel kommt nach Deutschland:Ackermann verliert Kampf um Citibank

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Gekämpft, gehofft - und nichts erreicht: Die Deutsche Bank hatte um die Citibank gebuhlt, doch die französische Crédit Mutuel hat das Rennen gemacht. Die Genossenschaftsbank zahlt 4,9 Milliarden Euro für die Tochter der Citigroup.

Martin Hesse, Melanie Ahlemeier und Hans von der Hagen

Die Deutsche Bank hat das Rennen um die deutsche Privatkundentochter der amerikanischen Citigroup verloren. Die Citibank geht für 4,9 Milliarden Euro an die französische Genossenschaftsbank Crédit Mutuel.

Zusätzlich zahlt die drittgrößte französische Privatkundenbank den bisher in diesem Jahr bei der Citibank aufgelaufenen Gewinn von 300 Millionen Euro. Die Übernahme soll im vierten Quartal abgeschlossen sein.

In Finanzkreisen wurde der Kaufpreis von insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro als sehr hoch angesehen. Dies sei wohl auch der Grund für den Rückzug der Deutschen Bank gewesen, hieß es.

Die Deutsche Bank selbst gab zu diesem Engagement keine Stellungnahme ab - sagte aber auf Nachfrage von sueddeutsche.de, dass das Institut sowohl organisch als auch durch Zukäufe wachsen wolle. Die Zukäufe müssten allerdings einer "strategischen und finanziellen Logik" folgen.

Ursprünglich wollte die Deutsche Bank die Citibank offenbar mit ihrer Tochter Norisbank verschmelzen.

Für die Deutsche Bank wäre der Zusammenschluss mit der Citibank nach Einschätzung von Bankenexperte Wolfgang Gerke eine "interessante Option" gewesen. "Um weiter in der ersten Garnitur mitzuspielen, muss sich die Deutsche Bank im Rahmen ihrer Möglichkeiten weiter etablieren", sagte Gerke zu sueddeutsche.de. Das vom Schweizer Ackermann geführte Institut habe es in den vergangenen Jahren vernachlässigt, sich in Europa zu platzieren.

Markenname bleibt zunächst erhalten

Crédit Mutuel kündigte an, sie werde die Citibank mit ihren 3,3 Millionen Kunden vollständig so weiterführen wie bisher und zunächst auch den Markennamen beibehalten. Die Käufer geben zudem eine Arbeitsplatzgarantie für 18 Monate. Nach einer Übergangszeit soll die Bank in Crédit Mutuel umbenannt werden oder einen neuen Namen erhalten.

Die US-Mutter Citigroup - durch die US-Finanzkrise schwer angeschlagen - streicht durch die Übernahme einen Nachsteuergewinn von etwa vier Milliarden Dollar ein. Vorstandschef Vikram Pandit hatte die Tochter zum Verkauf gestellt, um Löcher zu stopfen, die bei der Citigroup im Zuge der Kreditkrise entstanden waren. Insgesamt möchte Pandit durch Verkäufe in den nächsten Jahren 400 Milliarden Dollar einnehmen. Von der Finanzkrise wurde die Citigroup im Vergleich mit anderen Instituten am stärksten getroffen: Die Verluste summieren sich derzeit auf mehr als 46 Milliarden Dollar. Wegen der Belastungen will die Bank US-Medienberichten zufolge offenbar ein Zehntel ihrer Jobs im Investmentbanking streichen.

Experten erwarten, dass sich die Deutsche Bank nun intensiver um die Postbank bemüht, die ebenfalls zum Verkauf steht. Die Aktie der Post-Tochter profitierte von den Spekulationen und legte am Vormittag um rund drei Prozent zu. Die Titel der Deutschen Bank gaben indes um gut ein Prozent nach. Im Rennen um die Citibank war die Commerzbank schon früher ausgeschieden. Die zweitgrößte deutsche Bank konzentriert sich derzeit darauf, eine Fusion mit der Dresdner Bank auszuhandeln. Die Deutsche Bank wiederum hatte erst Anfang Juli dem belgisch-niederländischen Finanzkonzern Fortis Teile des Firmenkundengeschäfts von ABN Amro abgekauft. Barpreis: mehr als 700 Millionen Euro.

"Die Chancen für die Deutsche Bank, bei der Postbank zum Zuge zu kommen, sind da. Aber die Frage ist der Preis", sagte Gerke. Der Verkauf der Postbank müsste noch in diesem Jahr über die Bühne gehen, um Ruhe in den Markt zu bringen. Weil der deutsche Bankenmarkt aber auch für ausländische Institute interessant sei, "kann man auch da nicht ausschließen, dass ein ausländischer Konzern bei der Postbank einsteigt", so Gerke weiter.

Citigroup-Chef Pandit, seit Dezember vergangenen Jahres an der Spitze des Instituts, fand für den Zusammenschluss mit der französischen Genossenschaftsbank durchweg positive Worte. Crédit Mutuel sei eine hervorragende Wahl, um den Privatkunden in Deutschland auch weiterhin einen exzellenten Service gewährleisten zu können, sagte Pandit.

"Zweiter Heimatmarkt" entsteht

Die regional verankerte Genossenschaftsbank Crédit Mutuel betreibt mitsamt der auch international tätigen Geschäftsbank CIC 5148 Filialen in Frankreich. Das Unternehmen beschäftigt knapp 60.000 Mitarbeiter. Die Bank zählt 14,9 Millionen Kunden, darunter 13,3 Millionen Privatleute. Bei Immobilien- und Verbraucherkrediten in Frankreich ist das Institut jeweils die Nummer zwei.

Im Geschäftsjahr 2007 erwirtschaftete das Institut einen Überschuss von 2,73 Milliarden Euro, die Eigenkapitalrendite lag bei 11,4 Prozent. Im vergangenen Jahr gewann das Finanzunternehmen 432.000 Kunden hinzu.

Mit dem Kauf der Citibank übernimmt die Crédit Mutuel rund sieben Prozent des deutschen Marktes. Auf einen Schlag gewinnt die französische Genossenschaftsbank 3,3 Millionen Kunden und 340 Filialen hinzu. Das Institut spricht daher von der Schaffung eines "zweiten Heimatmarktes".

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