Corporate Governance:Vornehm zurückhaltend

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Die Regierungskommission für gute Unternehmensführung will auf keinen Fall als Sittenpolizei der deutschen Wirtschaft auftreten. Das Gremium verliert auch beim Personal zunehmend an Gewicht.

Von Karl-Heinz Büschemann, Berlin

Die Regierungskommission für gute Unternehmensführung will auf keinen Fall als Sittenpolizei der deutschen Wirtschaft auftreten. Nicht einmal angesichts von gravierenden Verstößen gegen gute Corporate Governance wie bei Volkswagen will die Kommission ihre Stimme öffentlich erheben. Rolf Nonnenmacher, der im kommenden Frühjahr den Vorsitz der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex übernehmen wird, die Regeln für gute Unternehmensführung in Aktiengesellschaften aufstellt, fühlt sich falsch eingeordnet, wenn er als "Tugendwächter" der Wirtschaft bezeichnet wird. "So verstehe ich die Aufgabe nicht."

Damit bleibt der neue Kommissionschef in der Tradition der bisherigen Vorsitzenden Gerhard Cromme, Klaus-Peter Müller und des amtierenden Kommissionschefs Manfred Gentz. Der frühere Daimler-Manager Gentz hatte anlässlich des diesjährigen Jahrestreffens der Kommission in Berlin erklärt, nicht einmal der Krisenfall VW könne ihn dazu veranlassen, sich zu dem Unternehmen konkret zu äußern. "Die Kommission hat sich seit ihrer Gründung dem Prinzip verschrieben, nicht der Beurteiler und Kritiker von Firmen zu sein". VW sei ein Fall für das Strafrecht, sagt Gentz "und nicht primär ein Governance Thema". Ähnlich will es wohl auch Nachfolger Nonnenmacher halten. Der Wirtschaftsprüfer und langjährige Chef der Prüfungsgesellschaft KPMG sagt nur: "Ich habe noch kein Konzept für die künftige Öffentlichkeitsarbeit der Kommission."

Die Regierungskommission, die 2001 vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder ins Leben gerufen wurde, um Führungsregeln aufzustellen, die ausländische Investoren akzeptieren können, ist seit ihrer Gründung immer stärker in die Kritik geraten, weil ihre Regeln nur den Charakter von Empfehlungen haben, die oft ignoriert werden. Aber auch beim Spitzenpersonal verliert die Kommission an Bedeutung. Mit Rolf Nonnenmacher tritt erstmals ein Mann an die Spitze der Kommission, der keine Erfahrung in einem Dax-Konzern gemacht hat. Zudem wird das 15-köpfige Gremium zunehmend zu einem Zirkel von Professoren, Wirtschaftsprüfern und Anwälten, die wenig konkrete Unternehmenserfahrung haben. Zur Zeit kommen nur noch sechs Mitglieder aus großen Unternehmen. Einzige Dax-Vertreter sind neben dem Ex-Daimler-Manager Gentz noch Thomas Kremer, Vorstandsmitglied der Telekom, Wulf von Schimmelmann, der Aufsichtsratschef der Deutschen Post, und Joachim Faber, der den Aufsichtsrat der Deutschen Börse führt.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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