Corona-Krise:Währungen der Schwellenländer leiden

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Mit Maske an der Flagge vorbei ins Mausoleum: Das Anıtkabir ist Atatürks Grabdenkmal und eine Sehenswürdigkeit in Ankara. (Foto: Altan Gocher/imago images)

Die türkische Lira ist auf Rekordtief.

In der Corona-Pandemie geraten die Währungen der wichtigen Schwellenländer gegenüber den großen Industriestaaten ins Hintertreffen. Ihr Rückstand in der Bewertung im Vergleich zu Dollar, Euro und Co. ist so groß wie seit einem Jahrzehnt nicht. Weltweit rückläufige Zinsen, unsichere Konjunkturaussichten und Geldabflüsse dämpfen das Interesse der Investoren. Vor allem in Osteuropa litten Währungen wie der polnische Zloty, der ungarische Forint oder die tschechische Krone unter den steigenden Corona-Zahlen. Nach Berechnungen von Nordea hinkt eine Gruppe aus zehn Schwellenländer-Währungen den Industriestaaten in diesem Jahr um fast 14 Prozent hinterher - dazu zählen der chinesische Yuan, der brasilianische Real und die türkische Lira, die derzeit so niedrig wie nie zuvor notiert.

Gerade zu Anfang der Pandemie habe es große Verluste gegeben, seither habe sich die Lage etwas stabilisiert, sagte Sören Hettler, Experte bei der DZ Bank. "Der Abstand ist aber immer noch groß." Das steht in deutlichem Kontrast zur Finanzkrise 2008/2009, als die Währungen derselben Gruppe bis zu ein Viertel aufwerteten. Dies war möglich dank der massiven Konjunkturhilfen aus China, die das weltweite Wachstum und die Rohstoffpreise nach oben trieben und Ländern wie Brasilien oder Indonesien Aufwind gaben. "Eine Menge Leute waren davon ausgegangen, dass die Schwellenländer anziehen, aber das ist diesmal nicht passiert, weil Zinsdifferenzgeschäfte verschwunden sind und wir auch kein deutlich stärkeres Konjunkturwachstum in den betroffenen Staaten gesehen haben", sagte James Binny, Devisenexperte bei State Street Global Advisors.

Sogenannte Zinsdifferenzgeschäfte hatten in der Finanzkreise eine große Rolle gespielt: Vergleichsweise hohe Zinsen in Schwellenländern lockten Investoren an, die sich billig in Dollar verschuldeten und mit dem Geld rentablere Anleihen kauften. Doch das ist jetzt anders. Die Zinsen sind weltweit unter Druck, und weil die Inflation vergleichsweise niedrig ist, nehmen Länder wie Brasilien oder die Türkei eine schwächere Währung in Kauf. Auch das ist eine Reaktion auf die Krise, weil die Notenbanken so versuchen, die Wirtschaft in Schwung zu bekommen.

Inzwischen sind zwar erste Anzeichen dafür erkennbar, dass die Zeit der sinkenden Zinsen sich einem Ende nähern könnte. Die Notenbanken machen nur noch kleine Schritte nach unten, und Ungarn und die Türkei überraschten sogar mit Zinserhöhungen.

Allerdings lockt das die Investoren zumindest noch nicht zurück. Sie halten derzeit Schwellenländer-Anleihen im Volumen von 400 Milliarden Dollar, Anfang des Jahres waren es noch 550 Milliarden Dollar, wie aus Daten von TS Lombard hervorgeht.

© SZ vom 20.10.2020 / Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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