Corona-Frage:Nur eine kurze Erholungspause

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Eine Frage, eine Antwort: Schaden wir der Umwelt dank der Corona-Krise wirklich weniger als zuvor?

Von Vivien Timmler

(Foto: N/A)

Es waren Schlagzeilen, die mitten in der Corona-Krise die Frage aufwarfen, ob so einer Pandemie nicht doch etwas Positives abzugewinnen sei. Die täglichen globalen Emissionen seien um 17 Prozent eingebrochen, meldete ein Forscherteam Anfang April. Der Kerosinabsatz sank durch den Zusammenbruch des Flugverkehrs zwischenzeitlich um 46 Prozent. Und auch der Energieverbrauch in Deutschland ging im ersten Halbjahr 2020 um knapp neun Prozent zurück.

Es schwingt immer auch ein bisschen Hoffnung mit, wenn angesichts solcher Indikatoren von einem "Erholungsmoment für die Natur" die Rede ist. Wenn Menschen vorsichtig optimistisch mutmaßen, dass immerhin die Umwelt gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen wird. Aber kann das überhaupt sein? Schaden wir der Umwelt dank der Pandemie wirklich weniger als zuvor?

Kondensstreifen beschleunigen die Erderwärmung. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Betrachtet man die durch Corona veränderte Arbeitswelt, so ist ihr Effekt auf die Umwelt durchaus positiv. Schließlich ist das klimaschädlichste an der (Büro-) Arbeit der Weg dorthin, und wenn der entfällt, entfallen auch die Emissionen. Gleiches gilt für Geschäftsreisen. Allerdings hat sich das Mobilitätsverhalten in der Krise auch generell verändert, und das nicht gerade nachhaltig: Viele Menschen scheuen nach wie vor den öffentlichen Nahverkehr, um dort eine Ansteckung zu vermeiden. Dafür haben vor allem junge Städter in der Pandemie die Sicherheit des eigenen Autos wiederentdeckt.

Hinzu kommt, dass die Kombination aus Pandemie und Home-Office die Tendenz zum Liefern-Lassen - egal ob Essen, Klamotten oder Möbel - weiter verstärkt. Dementsprechend ist auch die Menge an Plastikverpackungen in Privathaushalten während der Pandemie um zehn Prozent gestiegen. Handel und Gastronomie sind zwar gerade dabei, sich zu erholen - mit der vermeintlichen Erholung der Umwelt könnte es bis dahin jedoch schon wieder vorbei sein.

Trotz Corona sind die CO₂-Emissionen fast wieder auf Vorjahresniveau angelangt. Flugzeuge fliegen wieder, Kraftwerke laufen wieder, und in Fabriken wird mit Hochdruck daran gearbeitet, die Verluste der Pandemie auszugleichen. Experten gehen davon aus, dass am Ende des Jahres bei Emissionen und Energieverbrauch nur dann ein signifikantes Minus stehen wird, wenn der aktuellen Erholungsphase der Wirtschaft eine weitere Zwangspause folgt. Und das kann aus ökologischer Sicht vielleicht noch der ein oder andere, aus ökonomischer und gesellschaftlicher Sicht aber wohl niemand ernsthaft wollen.

© SZ vom 17.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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