Contra:Keiner braucht Opel

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Einige Tapfere wollen Opel wieder zu einem selbständigen Unternehmen machen. Das ist, bitte schön, Schwärmerei.

Hans von der Hagen

Ist Porsche an allem schuld? Im Internet kursiert ein Video mit dem Titel "Die Manta-Verschwörung". Darin bekennt Porsche-Vertriebler Herbert R., dass er im Rahmen der Kampagne "Projekt 1450" gezielt Manta-Witze verbreitet habe, um den Ruf des Manta - "eines der besten Sportfahrzeuge Deutschlands" - zu ruinieren. Nur so habe Porsche seinen Absatz ankurbeln können.

Opel - nur noch ein Irgendwo-dazwischen-Auto (Foto: Foto: AP)

Man würde den Inhalt des Spaßvideos gerne ernst nehmen, glauben wollen, dass die Opel-Technik derart gut war, dass sich die Konkurrenz nur noch mit schrägen Methoden zu helfen wusste. Dass der stete Verlust der Marktanteile Opels in den letzten Jahrzehnten der Heimtücke anderer geschuldet sei.

Feind im eigenen Haus

Aber so war es nicht. Der Feind saß im eigenen Haus. Opel, besser gesagt die amerikanische Muttergesellschaft General Motors, hat das Unternehmen selbst heruntergewirtschaftet. Andere Unternehmen profitieren von einer starken Konzernmutter im Hintergrund - Opel wurde sie zum Verhängnis.

Vergessen schon ist die Zeit, in der Opel hinter Mercedes die Nummer zwei im deutschen Markt war: In den fünfziger Jahren baute Opel Autos, die Kapitän oder Admiral hießen und in denen sich viele gerne zeigten. BMW war fast pleite und Volkswagen taugte nur für die Masse.

Dann aber hat Opel seinen Ruf, das wertvollste Kapital, konsequent verspielt. Der Glanz ging verloren - Opel verkam zum günstigen Volkwagen-Ersatz. Doch selbst in diesem Marktsegment ist der Platz zu schmal geworden, seit VW den nochmals günstigeren Skoda zum Renner auf dem deutschen Markt gemacht hat.

Mehr denn je gilt: Opel ist das Irgendwo-dazwischen-Auto, von dem unklar ist, wer es kaufen soll. Keiner braucht Opel.

Zu klein, zu abhängig

Zuletzt hat Opel etwas aufgeholt und baut Autos, die zumindest wieder gelobt werden. Darum fordern nun ein paar ganz Tapfere, dass die Konzernmutter Opel freigeben solle, damit der Konzern als selbständiges Unternehmen überleben könne.

Opel nach 80 Jahren wieder ein eigenständiges Unternehmen? Die Idee ist zweifellos charmanter als der Gedanke, dass Opel zusammen mit General Motors untergehen könnte. Trotzdem: Es ist nichts als Schwärmerei.

Die wenigen Jahre des Aufholens bei Opel reichen nicht für die frei Wildbahn. Allein hätte Opel gerade ein Drittel der Größe von Volkswagen, Toyota oder Renault-Nissan. Für ein Unternehmen, das keine Nischen, sondern den Massenmarkt bedient, reicht das nicht.

Zugleich wäre es von den Lebensadern des Konzerns General Motors abgeschnitten, der gerade in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen hatte, die Tochterunternehmen besser in den Verbund zu integrieren.

Wer will ein solches Unternehmen haben? Allenfalls Liebhaber würden Aktien einer hilflos verwaisten Adam Opel AG kaufen.

Zukunft nur bei GM

Und die Konkurrenz? Sie benötigt weder das technische Know-how noch die Produktionskapazitäten des Konzerns. Derzeit ist jeder genügend mit sich selbst beschäftigt.

Die Zukunft Opels liegt dort, wo es am dunkelsten ist: bei General Motors. Der Konzern hat im vergangenen Jahr mehr als neun Millionen Fahrzeuge verkauft und bastelt nun am Auto der Zukunft. Dabei sind die Amerikaner auf die Ideen und Technologien von Opel angewiesen. Sie sind weit mehr wert als die wenigen Milliarden Euro, die ein Verkauf bringen würde und die binnen weniger Wochen ohnehin wieder verbrannt wären.

Amerika wird General Motors nicht untergehen lassen - so viel Staatsvertrauen scheint selbst im Land des Staatsmisstrauens angesichts der aktuellen Lage gerechtfertigt. Zu viel hängt an diesem Konzern. Wenn der Detroiter Konzern Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragen würde, bekäme das Unternehmen ein paar Jahre Zeit, um sich neu zu sortieren. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass das zum Überleben reichen kann.

Opel steht vor den düstersten Jahre der Unternehmensgeschichte. Doch immerhin ist die Chance da, dass Opel einen wesentlichen Beitrag zur Erneuerung von General Motors leistet. Es ist die einzige Chance. Vielleicht muss dann irgendwann sogar noch einmal Herbert R. ran.

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