Continental und Schaeffler:Schmusekurs mit den Gewerkschaften

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Der Streit ist beigelegt, doch die Belegschaft zittert: Jetzt setzen Continental und Schaeffler alles daran, die Wogen zu glätten - mit Hilfe der Gewerkschaften.

Investorenvereinbarung - so nennt sich dieses Schreiben ziemlich kryptisch. Ein Vertrag, das Continental und die Schaeffler-Gruppe eng aneinander bindet. Diese Vereinbarung sieht vor, dass Schaeffler in den nächsten vier Jahren seinen Anteil an Conti nicht auf mehr als 49,9 Prozent ausbaut.

Conti stellt die Weichen für die Zukunft. Am Wochenende soll ein neuer Chef bestimmt werden. (Foto: Foto: dpa)

Daher überrascht es auch nicht, dass das fränkische Familienunternehmen nun seine Anteile in Kürze wohl deutlich erhöhen wird - und zwar von derzeit acht auf 36 Prozent. Dafür muss der Spezialist für Wälzlager und Kupplungen nur die Swap-Geschäfte mit der Investmentbank Merrill Lynch auflösen, sagte ein Sprecher am Freitag. Damit kann Schaeffler den Anteil an Conti aufstocken.

Mehr als 49,9 Prozent dürfen es jedoch nicht sein. Sollte das Unternehmen aus Herzogenaurach mehr Aktien angedient bekommen, als es laut Vereinbarung halten darf, sollen diese an Finanzinstitute veräußert werden, sagte der Schaeffler-Sprecher. Die Banken bekämen dabei den Auftrag, die Aktien über fünf Jahre hinweg "marktschonend" weiterzuverkaufen. Ohne Zustimmung von Schaeffler dürften sie nicht für weniger als 75 Euro - den Preis der laufenden Offerte - abgegeben werden. Am Freitag notierte die Conti-Aktie bei 73,86 Euro.

Die umstrittenen Swap-Geschäfte, mit deren Hilfe Schaeffler seine Anteile still und leise ausbaute, hatten im Ringen um den Einstieg bei Conti eine entscheidende Rolle gespielt. Die Finanzaufsicht Bafin hatte die Wertpapiergeschäfte durchgewinkt, Continental-Chef Manfred Wennemer hatte sie immer empört als "illegal" bezeichnet.

Nachfolger gesucht

Doch die harten Worte von einst sind inzwischen Schnee von gestern. Wennemer hat inzwischen seinen Rücktritt zum Ende des Monats angekündigt. Sein Nachfolger soll bereits am Wochenende bestimmt werden. Zwei von Wennemer aufgebaute Kandidaten stehen bereit: Technikvorstand Karl-Thomas Neumann (47) und Finanzvorstand Alan Hippe (41).

Beobachtern zufolge hat Neumann die besseren Karten, da er den für Schaeffler besonders interessanten Elektronik-Sparten vorsteht. Verschiedene Medien berichteten, Neumanns stehe bereits als nächster Vorstandschef fest. Conti und Schaeffler lehnten Stellungnahmen dazu ab.

Bei den Personalentscheidungen redet Schaeffler offiziell noch nicht mit, denn bislang haben die Franken keinen Sitz im Aufsichtsrat von Continental. Das könnte sich jedoch bald ändern. Kreisen zufolge strebt Schaeffler vier Mandate an. Wie das Nachrichtenmagazin Focus berichtet, wollen Schaeffler-Eigentümerin Maria-Elisabeth Schaeffler, ihr Sohn Georg Schaeffler, Geschäftsführer Jürgen Geißinger und der Finanzchef Thomas Hetmann in das Gremium einziehen.

Der frühere Conti-Chef Hubertus von Grünberg, der anders als Wennemer rasch auf Schaeffler zugegangen war, werde Aufsichtsratsvorsitzender bleiben, berichtete das Online-Magazin.

Mehr Rechte für Arbeitnehmer

Für die Arbeitnehmer soll sich dagegen so wenig wie möglich ändern. Zwar ist die Belegschaft von Continental derzeit ziemlich verunsichert, doch die Unternehmen versuchen, die Wogen zu glätten - mit Hilfe der Gewerkschaften. Schaeffler, IG Metall, IG Bergbau Chemie Energie und der Conti-Betriebsrat veröffentlichten am Freitag eine gemeinsame Erklärung.

Darin heißt es: "Der Einstieg der Schaeffler KG gefährdet keine Arbeitsplätze bei der Continental AG." Mitbestimmungsrechte und Tarifverträge würden nicht angetastet, Conti werde nicht zerschlagen, Produktionsverlagerung seien nicht geplant. "Diese Regelungen gelten unbefristet und können frühestens 2014 gekündigt werden", heißt es in dem Papier.

Die IG Metall will jedoch eine grundsätzliche Diskussion beginnen, die über den Fall Conti hinausgeht. Gewerkschaftschef Berthold Huber hat mehr Rechte für Arbeitnehmer gefordert. "Wir brauchen eine erweiterte Mitbestimmung bei grundlegenden Entscheidungen wie Fusionen, Übernahme der Kontrollmehrheit oder Standortverlagerung", sagte Huber der Frankfurter Rundschau. Bei VW etwa sei bei derartigen Fragen eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat könnten also nicht übergangen werden. "Diejenigen, die den Wohlstand geschaffen haben, dürfen nicht hilflos Management-Entscheidungen ausgeliefert sein", betonte Huber.

© sueddeutsche.de/AP/AFP/Reuters/tob/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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