Conti-Chef Wennemer:Der Wegschaffer

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Wenn sich Aktionäre und Aufsichtsrat den idealen Vorstandschef basteln dürften, würde dabei wahrscheinlich ein Wennemer herauskommen.

Hans von der Hagen

Zumindest die Brille fällt sofort auf. Groß ist sie, silbrig - und überkommen. Man denkt sofort: Die Brille muss dem Träger etwas bedeuten, sie muss ein Relikt aus glücklichen Tagen sein. Aber die Brille sei neu, versichern Leute, die Manfred Wennemer kennen.

Der Mathematiker und der Physiker: Conti-Chef Manfred Wennemer (li.) und der Aufsichtsratsvorsitzender Hubertus von Grünberg. (Foto: Foto: dpa)

Darum sagt die Brille noch mehr über den Chef von Continental: Wer eine solche Brille trägt, schert sich nicht um Äußerlichkeiten. Und das gilt besonders für Wennemer, einen der erfolgreichsten und unprätentiösesten Manager Deutschlands.

Konzern umgebaut

Der 60-Jährige, der in Westfalen aufwuchs und später in Münster Mathematik studierte, gilt im Unternehmen als der Wegschaffer: lange Arbeitstage, seit Jahren kein Urlaub. Er hat die Gummibude zu einem Konzern umgebaut, der neben Reifen mittlerweile auch Bremssysteme, Antriebskomponenten und Fahrzeugelektronik herstellt.

Der Erfolg schlägt sich auch an der Börse nieder: Seit Wennemer Conti vorsteht - er wurde ausgerechnet am 11. September 2001 zum Chef gekürt - hat sich der Wert der Conti-Papiere gut versechsfacht. Der Dax ist in der gleichen Zeit um das anderthalbfache gestiegen. Dafür lieben ihn die Analysten, selbst jetzt noch, wo der Aktienkurs nach der VDO-Übernahme deutlich zurückgegangen ist. Er ist der Mann, der Prognosen einhalten kann.

Kampf gegen Grünberg

Trotz der großen Erfolge bei Continental ging es an diesem Mittwoch um Wennemers Kopf. Der Continental-Aufsichtsrat Hubertus von Grünberg hatte sich offen für eine Übernahme des Unternehmens durch Schaeffler ausgesprochen, Wennemer war dagegen. Er hatte in scharfer Tonlage das Anschleichen Schaefflers an Continental gegeißelt. Wohl auch, weil das Hintenherum nicht sein Stil ist. Wennemer kämpft lieber mit offenem Visier - aber auch ohne Vision. Vielleicht fiel ihm gerade deshalb nichts besseres ein als - ungewöhnlich genug - ausgerechnet die Wertpapieraufsicht im Kampf gegen Schaeffler einzuschalten.

Wennemer hat sich durchgesetzt - der Aufsichtsrat unterstützt "das Vorgehen des Vorstands in vollem Umfang". Der Chef des Chefs, der Conti-Vordenker Grünberg, dessen Rolle in dem Übernahmeversuch als ehemaliger Schaeffler-Beirat freilich dubios ist, hat sich wieder auf die Seite des Pragmatikers Wennemer geschlagen.

Wennemer darf also wieder einmal als Wegschaffer gelten - diesmal in eigener Sache. Allerdings konnte er das Problem nur vorläufig beseitigen, denn er muss sich mit einer kleinen Lösung zufriedengeben: Continental will sich trotz allem mit Schaeffler einigen, nur nicht zu den ursprünglichen Bedingungen.

Rüder Stil

Das muss Wennemer schmerzen, weil er doch sonst so genau weiß, was er durchsetzen will. Dabei kann sein Stil durchaus als rüde bewertet werden: Einige tausend der insgesamt 150.000 Mitarbeiter mussten gehen, als Wennemer das Unternehmen neu trimmte. Da wurde er zur Hassfigur. Doch Wennemer betont stets, dass er nicht nur für die deutschen, sondern für alle Continental-Mitarbeiter verantwortlich sei. Und das sind mittlerweile mehr als 150.000 weltweit.

Doch dann ist da noch Wennemer, der Bescheidene. Der als zweiten Dienstwagen einen älteren Passat durch Hannover steuert. Der wie seine Vorstandskollegen bei Inlandsflügen in der Economy-Klasse sitzt und im Auto auf einen Chauffeur verzichtet.

Ein derart unprätentiöses Verhalten in Zeiten, in der alle Welt nur noch über die Gier von Dax-Vorständen redet, ist nicht selbstverständlich. Höchstens bei Männern mit solch merkwürdigen Brillen.

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