Computer-Brille:Den Erfolg vor Augen

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Zeiss ist ein Durchbruch bei smarten Brillengläsern gelungen - es fehlen bloß noch Kunden, die sich trauen, Geräte damit zu bauen.

Von J. Schmieder und K. Werner, Las Vegas

Abseits der CES mit ihrem Trubel und ihrem Glitzer hat sich Zeiss Smart Optics in einem stillen Hotel, im vierten Stock hinter einem tristen Gang ein noch tristeres Zimmer angemietet. Doch wenn es ein Erfolg wird, was das Start-up innerhalb des Zeiss-Konzerns präsentiert, könnte den deutschen Ingenieuren ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu sinnvollen tragbaren Technologien gelungen sein.

Es geht um Brillengläser für Computerbrillen. Diese sind, anders als bei bisherigen Smart Glasses, gebogen, können aber trotzdem ein gut erkennbares Bild zum Auge des Trägers schicken. Der Bildschirm wirkt, als würde er direkt vor dem Auge schweben. Das gab es bislang noch nicht - es galt schlicht als unmöglich. Auch bei Zeiss selbst haben viele nicht so richtig geglaubt, dass die Entwickler das schaffen. "Jugend forscht", haben die Älteren im Konzern das Start-up genannt, sagt Geschäftsführer Kai Ströder, 37. Zehn Monate hatte das mit sämtlichen Ressourcen und Patenten des Konzerns ausgestattete Team Zeit, einen brauchbaren Entwurf vorzulegen. In buchstäblich letzter Sekunde - die Präsentation beim Vorstand war von Ende Oktober auf Mitte November verschoben worden - gelang der Durchbruch. "Wir waren uns eigentlich sehr sicher, wenn wir es nicht hinkriegen, kriegt es der Rest der Welt auch nicht ihn", sagt Ströder. "Und das ist der Antrieb: das man etwas schafft, das noch kein anderer hinbekommen hat.

Er ist nun mit dem Cheftechniker eilig nach Las Vegas geflogen ist, um seine Entwicklung dem Fachpublikum auf der CES vorzustellen. Vor allem aber soll er nach möglichen Kooperationspartnern suchen, schließlich will Zeiss keine Datenbrillen bauen, sondern nur die Gläser liefern. Das ist seit Jahren das prägende Geschäftsmodell des Unternehmens.

Doch ob es für dieses Produkt auch einen Markt geben wird, ist unklar. Das muss nicht an der Linse liegen, doch wer auf der CES die tragbaren Technologieprodukte betrachtet, sieht Datenuhren, Armbänder, Ringe, Kleidung mit Sensoren, schlaue Schuhe - aber nur eine Handvoll Hersteller von Smart Glasses. Das lässt sich in zwei Richtungen interpretieren: Die Technologiebranche hat nach dem Flop der Googlebrille erst einmal genug von Datenbrillen und konzentriert sich auf andere mit Gadgets zu bestückende Körperteile - oder sie hat tatsächlich auf etwas wie die Technik von Zeiss gewartet.

Das Startup hat vom Konzern eine Frist von nur wenigen Monaten bekommen, um sich mit Kooperationspartnern zu einigen und dann möglichst schnell eine präsentable Brille zu produzieren, um den Vorsprung zu nutzen: "Das Window of Opportunity ist jetzt offen", sagt Ströder. Es habe in Vegas bereits Gespräche mit möglichen Partnern geben. Was er nicht verrät: Wie ergiebig diese Gespräche waren und ob sie die Gläser zu einem Preis herstellen können, der attraktiv für den Kunden ist.

Ein kurzes Anprobieren des Prototypen zeigt: Der Träger sieht nicht ulkig aus, sondern ganz normal - und er kann die Bilder gut erkennen. Bleibt die Frage, ob der Mensch das will: eine Brille für mehr Reize in einer ohnehin reizüberfluteten Welt. Sie haben ein interessantes Produkt geschaffen bei Zeiss - ob es allerdings eine Branche revolutionieren wird, muss sich zeigen.

© SZ vom 08.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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