Classpass:Bequemer Service

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Das amerikanische Unternehmen gilt als Begründer des Fitness-Abo-Modells - und als Vorreiter in der Branche.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Natürlich ist das alles unfassbar bequem: Man bestellt sich übers Handy einen persönlichen Chauffeur im nicht ganz so umweltschädlichen Fahrzeug, der einen vom Büro zum Fitness fährt. Auf dem Weg sucht man sich schon mal das Abendessen aus, das jemand aus einem Restaurant ohne Lieferdienst bringt. Danach einen günstigen Flug oder ein schickes Hotelzimmer buchen und vielleicht noch Einkäufe per Knopfdruck erledigen. Apps wie Uber, Classpass, Doordash, Orbitz, Airbnb oder Instacart versprechen die effiziente Übernahme unliebsamer Aufgaben, dazu Abwechslung und Unabhängigkeit. Letztlich sind sie aber Vermittler.

Das amerikanische Unternehmen Classpass ist ein gutes Beispiel dafür, wie diese neue Branche funktioniert. Die Kunden schließen keinen Vertrag bei einem Fitnessstudio ab, sondern kaufen für einen monatlichen Beitrag eine gewisse Anzahl an Punkten, die sie dann bei den teilnehmenden Firmen einlösen können. Das kann ein Boxtraining sein, ein Spinningkurs, Bikram-Yoga, aber auch eine Massage oder Ernährungsberatung. Classpass ist ein Lifestyle-Zwischenhändler, so wie Uber ein Fahrdienstvermittler ist und Orbitz einer für Reisen.

Es klingt zunächst nach einer Win-win-win-Situation für alle Beteiligten: Die Nutzer können aus einer Vielfalt an Angeboten wählen und verschiedene Sportarten und Workouts probieren, der Preis fürs Abo liegt meist unter dem einer Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio. Sie können das Angebot auch im Urlaub oder auf Geschäftsreisen nutzen - es gibt mittlerweile 22 000 Studios in 2500 Städten weltweit.

Diese Studios füllen nicht so ganz gut besuchte Kurse und bekommen potenzielle Kunden geschickt, Classpass bekommt Geld für die Vermittlung. Allerdings läuft nicht immer alles reibungslos. Uber-Fahrer haben kurz vor dem Börsengang des Unternehmens wegen der ihrer Meinung nach unzumutbaren Arbeitsbedingungen gestreikt. Die Besitzer von Restaurants und Hotels beschweren sich, dass die ohnehin geringen Renditen in dieser Branche aufgrund der immer mächtigeren Portale noch kleiner würden. Und wer schon mal einen billigen Flug auf diversen Portalen gesucht und keinen Nervenzusammenbruch erlitten hat, der darf im buddhistischen Sinne als erleuchtet gelten.

Wohin das alles führen kann, ist derzeit auf dem amerikanischen TV-Markt zu sehen. Natürlich ist es bequem, den Kabelanschluss zu kündigen und dafür kleinere Abos abzuschließen - man will ja gucken, was und wann man es gerne möchte. Es führt aber dazu, dass ein Kunde, der viel sehen möchte, am Ende auch viel mehr bezahlt. So läuft das nun mal mit Zwischenhändlern: Abwechslung, Unabhängigkeit und die Übernahme unliebsamer Aufgaben können teuer werden. Das merken nun auch Classpass-Mitglieder: Konkurrent Gympass hat gerade verkündet, sich mit dem beliebten Fitnessprogramm SoulCycle auf eine exklusive Partnerschaft in Nordamerika geeinigt zu haben.

© SZ vom 28.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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