China:Zeigt her eure Kredite

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In aller Stille wollen die westlichen Industriestaaten die Volksrepublik dazu bringen, seine weltweiten Investitionen offenzulegen. Dabei geht es vor allem um Afrika.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Trotz des erbitterten Streits in Sachen Welthandel arbeiten Europäer und Amerikaner derzeit in einer anderen Angelegenheit eng zusammen: In der Gruppe der G-7-Staaten stimmen sie sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung derzeit über eine Strategie im Umgang mit China ab. Gemeinsam wollen sie die Volksrepublik dazu bringen, ihre Investitionen in anderen Staaten - insbesondere in Afrika - offenzulegen, heißt es in Berlin.

Im Rahmen der sogenannten Neuen Seidenstraße will die Führung in Peking mehr als eine Billion Dollar in Infrastrukturprojekte investieren. Das Verfahren ist allerdings völlig intransparent: Die allermeisten Aufträge gehen an chinesische Unternehmen, finanziert von chinesischen Staatsbanken. Die Sorge ist nun, dass die Kredite aus China bei den wieder anziehenden Zinsen zur Überschuldung von Schwellenländern und damit zu einer neuen globalen Finanzkrise führen könnten.

Bisher halten die G 7 ihre Abstimmungen streng vertraulich. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) auf Bali etwas verklausuliert gesagt, "unsere Vorstellung ist, dass sich möglichst viele Länder an die Regeln des sogenannten Pariser Clubs halten". Dort vertreten sind 22 Mitglieder, darunter Deutschland, Frankreich, die USA, Japan, Großbritannien und Russland. Sie haben vergleichbare Kredit- und Schuldenregeln und verhandeln in Krisenfällen gemeinsam Schuldennachlässe. Ohne China direkt zu nennen, hatte Scholz hinzugefügt, man erwarte, dass sich besonders große Kreditgeber um eine Mitgliedschaft im Pariser Club bemühen sollten. Bisher ist Peking dort nicht vertreten.

China pocht seit Jahren immer wieder auf seinen internationalen Status als Entwicklungsland und fühlt sich nicht an die Regeln der Industriestaaten gebunden. Das aber wollen die G 7 nicht länger hinnehmen. Vor allem die USA erheben immer wieder den Vorwurf, dass China andere Staaten mit den großzügigen Krediten von sich abhängig mache und mit dem "aggressiven Geldverleih" seinen Einfluss weltweit vergrößere.

Deshalb planen die G 7, mit Peking Regeln zu vereinbaren, nach denen die Geldströme offengelegt werden. Scholz hatte dazu auf Bali nur allgemein gesagt, man müsse sich mit den Schulden anderer Staaten auseinandersetzen. Auch dabei sprach er China nicht direkt an - aber seine Warnung war deutlich an die Volksrepublik gerichtet: "Die nächsten Krisen können auch von den Krediten kommen, die gewissermaßen ungeregelt vergeben worden sind oder über die man keinen großen Überblick hat".

Die Sorgen der G7 spiegeln sich auch im Abschlussdokument der IWF-Tagung von Bali. "Angesichts der wachsenden Verschuldung in Ländern mit niedrigem Einkommen arbeiten wir gemeinsam daran, die Schuldentransparenz und nachhaltige Finanzierungspraxis von öffentlichen und privaten Schuldnern und Gläubigern zu verbessern", heißt es in der Erklärung. Zugleich solle die Koordination der Gläubiger "in Umschuldungssituationen unter Einbeziehung bestehender Foren" verstärkt werden.

Wie aus Kreisen der G-7-Gruppe verlautete, arbeiten die westlichen Staaten auch an gemeinsamen Regeln gegen Steuervermeidung und Cyberkriminalität. Dabei soll es nicht nur darum gehen, Digitalkonzerne zu besteuern, sondern alle international tätigen Konzerne. Scholz will deshalb "an einem mittelfristigen Konzept für eine internationale Mindestbesteuerung" arbeiten. Wie das Bundesfinanzministerium mitteilte, befinden sich die Abstimmungen wie die konzeptionellen Arbeiten "in einer frühen Phase".

Im Koalitionsvertrag und dem in Meseberg vereinbarten deutsch-französischen Arbeitsprogramm ist eine Mindeststeuer für internationale Konzerne nicht vermerkt. Am Freitag hieß es aus dem Finanzministerium dazu, man sei überzeugt, dass digitale Konzerne ihren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten müssten. Allerdings sei "die Besteuerung digitaler Wertschöpfungsketten nicht trivial". Deshalb wolle man auf internationaler Ebene eine Mindeststeuer vereinbaren.

© SZ vom 22.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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