China:Von wegen offen

Lesezeit: 1 min

Europäische Unternehmen in China fordern einen besseren Marktzugang - und drohen ihrerseits mit Investitionshemmnissen. China ist wenig kooperativ.

Von Christoph Giesen, Peking

Die Stimmung bei vielen europäischen Unternehmen in China ist nicht sonderlich gut. In einer Umfrage der Europäischen Handelskammer gaben 54 Prozent der Mitglieder an, sie fühlten sich im Vergleich zu chinesischen Wettbewerbern benachteiligt. Diese These stützen auch die nackten Zahlen: Während chinesische Übernahmen in Europa im vergangenen Jahr um 77 Prozent auf etwa 40 Milliarden Dollar stiegen, sanken europäische Investitionen in China um 23 Prozent auf rund acht Milliarden Dollar.

Dabei hatte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in den vergangenen fünf Jahren eine Reihe an Versprechen gemacht, den Kräften des Marktes mehr Freiraum zu lassen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Laut einer Erhebung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) liege China bei der Offenheit für ausländische Direktinvestitionen derzeit auf Platz 59 von 62, sagte Kammerpräsident Mats Harborn am Dienstag in Peking.

Jüngst hatte Xi sich mehrfach gegen Protektionismus ausgesprochen: Im Januar beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos, bei der Seidenstraßenkonferenz im Mai in Peking und bei der Versammlung der Brics-Staaten Anfang September in Xiamen. Jedes Mal ein Bekenntnis zur Globalisierung und eine Breitseite in Richtung Donald Trumps America-First-Politik.

Die Führung in Peking hat in den vergangenen Jahren viel versprochen, aber wenig gehalten

"Wir wollen sehen, dass die Versprechen auch in reale Aktionen umgesetzt werden", forderte Kammer-Präsident Harborn. Dadurch, dass China für europäische Firmen die gleichen Marktzugänge und Investitionsbedingungen schaffe, wie sie chinesische Unternehmen in Europa genießen, könne die Führung ein starkes Signal senden, dass sie zu ihren Zusagen stehe, sagte Harborn. Sollten es jedoch leere Worte bleiben, dann drohten politischen Konsequenzen: "Wenn China letztlich nicht bereit ist, gegenseitigen Zugang zu seinem eigenen Markt zu bieten, kann es nicht davon ausgehen, dass es für immer einen ungehinderten Zugang auf dem EU-Markt behält", heißt es im Positionspapier der Kammer.

Vergangene Woche hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgeschlagen, Übernahmen europäischer Unternehmen durch Staatskonzerne aus der Volksrepublik genauer zu prüfen. Zuvor hatte auch die Bundesregierung einen Schutzwall gegen chinesische Firmenübernahmen und stärkere Vetorechte beim Verkauf von Technologie-Firmen nach Fernost angeregt.

© SZ vom 20.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: