Bundeswertpapiere:Auf Nummer sicher

Lesezeit: 3 min

Mit einem gepanzerten "Finanzexperten" bewirbt der Staat seine Wertpapiere. Durch die Finanzkrise sind sie gefragt wie nie, weil viele Bürger riskantere Anlageformen scheuen.

Marco Völklein

Günther Schild lacht derzeit Tausenden Bundesbürgern ins Gesicht. Und er spricht ihnen aus dem Herzen: "Ich komme immer zu meinen Kröten", sagt Günther Schild in TV-Spots und Werbeanzeigen, "darum bin ich auch immer ganz entspannt."

Neben Bulle und Bär stand kürzlich auch eine Schildkröte vor der Deutschen Börse in Frankfurt. Mit der Werbefigur "Günther Schild" bewirbt die Finanzagentur des Bundes ihre Bundeswertpapiere. (Foto: Foto: dpa)

Günther Schild ist eine Schildkröte. Die Figur wirbt für die Wertpapiere des Bundes. Und die sind in Zeiten wackliger Börsen und ständiger Unruhe in der Finanzbranche gefragter denn je. "Es gibt ein verstärktes Interesse nach besonders sicheren und transparenten Anlagen, bestätigt ein Sprecher der Finanzagentur des Bundes.

Besonders die neue "Tagesanleihe", die der Bund zum 1. Juli 2008 gestartet hat, kommt äußerst gut an bei den Sparern. Weniger als drei Monate nach dem Start ist bei der Finanzagentur, die die Wertpapiere des deutschen Staates ausgibt, ein Bestandsvolumen von über 600 Millionen Euro aufgelaufen.

Weit über 35.000 Kunden hätten mittlerweile das Produkt gekauft, das von seiner Konstruktion her mit den Tagesgeldangeboten der Banken vergleichbar ist. Die Telefonzentrale, die die Finanzagentur extra für die Tagesanleihe eingerichtet hat, muss Tausende Anrufe am Tag abarbeiten. Allein am vergangenen Montag gingen 20.000 Anfragen ein. "Besonders in den Vormittagsstunden kommt es zu Überlastungen", räumt ein Sprecher ein. Wenn möglich, sollten Interessenten auf die Internetseite der Agentur schauen.

Mittelzufluss verdoppelt

Flossen vor der Verschärfung der Finanzkrise rund sechs Millionen Euro pro Tag in die neue Tagesgeldanleihe, so habe sich mittlerweile das tägliche Volumen verdoppelt, sagt der Sprecher. Aber auch die anderen Angebote der Finanzagentur, mit denen sich der Staat an Privatanleger richtet, sind gefragt: Einjährige Finanzierungsschätze und die Bundesschatzbriefe "erfreuen sich in der aktuellen Marktlage einer verstärkten Nachfrage", heißt es in Frankfurt.

Ihren Charme entwickeln die Papiere des Bundes vor allem unter dem Aspekt der Sicherheit. "In Zeiten der Krise greifen die Anleger auf diese Anlagen zurück", sagt Andrea Hoffmann, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen. "Als Schuldner hat die Bundesrepublik Deutschland eben eine besonders gute Bonität." Im Grunde kann der deutsche Staat nicht pleitegehen. Er garantiert mit seinem Vermögen und dem Steueraufkommen für die Rückzahlung des Geldes. Expertin Hoffmann: "Auf diese Sicherheit setzen jetzt die Sparer." Sie nehmen dabei geringere Renditen in Kauf.

Denn im Vergleich zu den Tagesgeldangeboten der Banken schneidet die Tagesanleihe relativ schlecht ab. Während das Tagesgeldangebot des Bundes derzeit etwa vier Prozent Rendite abwirft (der genaue Wert schwankt von Tag zu Tag), bietet zum Beispiel die ING-Diba für Neuanlagen beim Tagesgeld fünf Prozent Zinsen pro Jahr. Die isländische Kaupthing-Bank wirbt sogar mit 5,65 Prozent.

Wie sicher ist das Geld?

Allerdings sind bei den Tagesgeldofferten zwei Angebote zu unterscheiden: die mit der deutschen, 100-prozentigen Absicherung des Ersparten und die mit der europäischen, aber begrenzten Absicherung der Einlagen. So gehören die ING-Diba, die DAB-Bank und die Comdirect-Bank, die alle drei derzeit fünf Prozent oder mehr bieten, dem Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken an. Im Falle eines Zusammenbruchs würden die Anleger aus diesem Nottopf entschädigt, in den die privaten Banken Jahr für Jahr Geld einzahlen.

Bei der isländischen Kaupthing-Bank dagegen sind die Einlagen der Sparer nur bis zu einem Betrag von 20.887 Euro abgesichert - dafür steht der staatliche Mindestschutz des Inselstaates gerade, den die EU Mitte der neunziger Jahre allen Mitgliedsstaaten verordnet hat. Auch andere ausländische Banken bieten nur diesen Mindestschutz. Verbraucherschützerin Hoffmann rät daher, vor der Anlage nach der Einlagensicherung zu fragen - und dort gegebenenfalls nicht mehr als 20.000 Euro anzulegen.

In die Diskussion geraten ist aber auch der deutsche Einlagensicherungsfonds. Klar ist, dass dieser Nottopf den Zusammenbruch einzelner Kreditinstitute auffangen könnte. Das Geld der Sparer wäre sicher. Sollte aber eine ganze Pleitewelle die Branche erschüttern, stieße wohl auch der Sicherungsfonds an seine Grenzen. Der Bankenverband betont allerdings, dass erstens eine solche Pleitewelle nicht drohe und dass zweitens der Feuerwehrfonds auch für größere Verwerfungen gerüstet sei.

Misstrauische Banken

Wer an den Aussagen der Branchenvertreter allerdings keinen Zweifel hat, der könnte in den nächsten Wochen oder Monaten vielleicht sogar von der derzeitigen Bankenmisere profitieren. Weil sich die Banken misstrauen und gegenseitig kaum mehr Geld leihen, müssen sie sich auf anderem Weg Kapital beschaffen - zum Beispiel über den klassischen Weg der Spareinlagen.

So hat der Anbieter Cortal Consors am Montag reagiert und die Zinsen beim Tagesgeld angehoben. Von diesem Mittwoch an zahlt das Nürnberger Geldhaus, das ebenfalls dem Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken angehört, fünf Prozent Zinsen für Neuanlagen - allerdings befristet bis zum 31.März 2009. Von 1. April 2009 an gilt dann ein Satz von 3,5 Prozent.

© SZ vom 01.10.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: