Bundesbank:Präsident Welteke tritt zurück

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Er zog damit die Konsequenzen aus der Hotel-Affäre. Der Vorstand der Bundesbank bezeichnete das Rücktritts-Ersuchen Weltekes als angemessen. Welteke kam mit seinem Rücktritt Veröffentlichungen über eine weitere Einladungsreise zuvor.

Von Ulrich Schäfer und Helga Einecke

Ernst Welteke informierte Kanzler Gerhard Schröder am Freitagnachmittag telefonisch darüber, dass er sein Amt mit sofortiger Wirkung niederlegen werde. Das Bundesfinanzministerium bezeichnete die Entscheidung, ebenso wie der Bundesbankvorstand, als "angemessen", sie verdiene "Respekt". Die Nachfolgefrage werde "in angemessener Zeit und Form geregelt".

Intern wurde von einer überfälligen Entscheidung gesprochen. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poß sagte der SZ, dies sei "ein notwendiger Schritt, um das Vertrauen in die Institution Bundesbank wiederherzustellen".

Mit seinem plötzlichen Rücktritt kam Welteke der Veröffentlichung über einen weiteren Kurzurlaub zuvor, den er auf Kosten eines Unternehmens absolviert hatte. Im Frühjahr 2003 war der Bundesbankchef zusammen mit seiner Frau auf Einladung von BMW zum Formel-1-Rennen nach Monaco gereist. Welteke zahlte den Flug, der Autohersteller übernahm die Kosten für die Übernachtung auf der Yacht SundreamI, ein Essen in der Villa Rothschild sowie die Karten für das Rennen.

Die Gäste von BMW, darunter auch die Schauspieler Mario Adorf und Ben Becker, verfolgten das Rennen von einer Terrasse direkt über der von Monacos Fürst Rainier. Erstmals wurde darüber im Juni 2003 in der Bunten berichtet. Anders als im Falle der Adlon-Reise zum Jahreswechsel 2001/2002 hatte Welteke zu diesem Zeitpunkt bereits den Verhaltenskodex der Europäischen Zentralbank (EZB) unterzeichnet, der die Annahme jeglicher Vergünstigungen für Mitglieder des EZB-Rats untersagt.

"Irreparabel zerstörtes" Vertrauensverhältnis

In einer persönlichen Erklärung schrieb Welteke, das Vertrauensverhältnis zwischen dem Bundesfinanzministerium und ihm sei "irreparabel zerstört". Seine Integrität und die der Bundesbank werde "ständig weiter mit verzerrenden und falschen Darstellungen verletzt".

Die Bundesbank benötige in schwieriger Zeit einen Präsidenten, der unbeeinflusst im Rat der Europäischen Zentralbank mitwirke, der unvoreingenommen die notwendigen Reformen umsetze und der vor allem frei sei, die Bundesregierung zu beraten und im Einvernehmen mit dieser in internationalen Gremien für Deutschland einstehe.

"Das ist mit meiner Person nicht mehr gewährleistet", schrieb Welteke. Die Regierung will möglichst schnell einen Nachfolger benennen. Nach Informationen der SZ sind die Chancen von Vizepräsident Jürgen Stark inzwischen erheblich gestiegen.

Vize-Präsident "natürlicher Kandidat"

"Der Vize-Präsident ist immer ein natürlicher Kandidat", hieß es in Kreisen des Bundesfinanzministeriums. Stark galt noch vergangene Woche nur als zweite Wahl, weil ihm eine zu große Nähe zur Union nachgesagt wird. Er war Staatssekretär unter Finanzminister Theo Waigel (CSU), ehe dieser ihn 1998 zum Vizepräsidenten der Bundesbank machte.

Im Regierungslager wurde aufmerksam registriert, wie kritisch der ursprüngliche Favorit der Regierung, Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser, in der Öffentlichkeit, aber auch in Finanzkreisen eingeschätzt wird. Die Financial Times Deutschland hatte seine Eignung bezweifelt und ihn als "eher chaotischen Typen" bezeichnet. Die Börsenzeitung urteilte sogar, Koch-Weser mangele es "an konzeptioneller, strategischer und politischer Kompetenz". Als dritter Kandidat für die Welteke-Nachfolge wird Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke gehandelt.

© SZ vom 17.4.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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