Bundesanstalt:Strafen mit Nebenwirkungen

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Forscher des IAB-Instituts raten zu weniger harten Hartz-IV-Sanktionen für jüngere Arbeitsverweigerer.

Von Thomas Öchsner, Nürnberg

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat empfohlen, die verschärften Strafen für unter 25 Jahre alte Hartz-IV-Bezieher abzuschaffen. Es gebe gute Gründe, das System so auszugestalten, dass "ein Rückzug vom Arbeitsmarkt wegen Sanktionen weniger wahrscheinlich wird", heißt es in einer Studie des Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit. Außerdem bestehe die Gefahr, dass die Strafen "die Integration der Betroffenen in den Arbeitsmarkt beeinträchtigt". Auch könne ihr Leben dadurch sehr eingeschränkt werden, etwa durch "eine teils eingeschränkte Ernährung" oder "Zahlungsrückstände verbunden mit der Sperrung der Energieversorgung" oder durch den Verlust der Wohnung.

Derzeit erhalten Hartz-IV-Bezieher unter 25 Jahren strengere Strafen als ältere Empfänger der Grundsicherung. Schon bei der ersten Ablehnung eines zumutbaren Jobs kann ihnen das Jobcenter für bis zu drei Monate die Auszahlung des Hartz-IV-Regelsatzes streichen. Nur die Kosten der Unterkunft werden dann erstattet. Bei wiederholten Versäumnissen binnen eines Jahres gibt es gar nichts mehr.

Die IAB-Forscher untersuchten nun, wie sich die Sanktionen auswirken. Das Ergebnis fiel gemischt aus: Einerseits nehmen junge Hartz-IV-Empfänger nach einer Sanktion eher einen sozialversicherungspflichtigen Job als solche ohne Strafen. Andererseits können Sanktionen dazu führen, dass sich die unter 25-Jährigen ganz aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen. Das IAB spricht deshalb von "unerwünschen Nebenwirkungen".

Der Studie zufolge verdoppelt sich bei der ersten Strafe in der Gruppe junger alleinlebender Männer in Westdeutschland der Anteil derjenigen, die eine Beschäftigung aufnehmen. Durch eine zweite Sanktion steigert sich die Abgangsrate sogar um weitere 150 Prozent. Gleichzeitig lag aber die Zahl junger Hartz-IV-Bezieher, die sich vom Jobcenter abmelden und womöglich in die Schwarzarbeit flüchten, nach der ersten Geldkürzung fast viermal so hoch wie ohne Strafe.

Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hatte ebenfalls vorgeschlagen, die Sanktionen zu vereinheitlichen und die schärferen Strafen für Jüngere abzuschaffen. Dafür war auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Die CSU verhinderte jedoch, dass diese Vorschläge ins Gesetz aufgenommen wurden.

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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