Bundesagrarministerium:Landwirtschaft 4.0

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Bundesagrarministerin Julia Klöckner will die Versöhnung von Landwirtschaft und Gesellschaft. Dazu soll ihre "Ackerbaustrategie 2035" beitragen. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Agrarministerin Julia Klöckner legt Ideen für den künftigen Ackerbau vor - in einer Strategie für 2035. Das Papier soll eine Diskussionsgrundlage sein, reichlich Streit mit dem Umweltministerium ist auch schon absehbar.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Im Jahr 2035 wird alles gut. "Wir sehen weiterhin den Landwirt auf seinem Schlepper, aber er bekommt Unterstützung durch autonom fahrende Maschinen", schreibt Julia Klöckner, die Landwirtschaftsministerin von der CDU. "Die Vielfalt auf unseren Äckern hat sich erhöht." Auch "molekularbiologische Züchtungstechniken" sollen sich dann durchgesetzt haben. Soweit die Visionen im Vorwort.

Sie finden sich in der "Ackerbaustrategie 2035", Klöckner hat sie am Donnerstag fast pünktlich zur Halbzeit der Koalition vorgelegt. Im Zentrum stehen Landwirte, die sich modernster Technologien bedienen und so Folgen früheren "Fortschritts" überwinden. In dieser neuen Welt erfassen Drohnen den Zustand von Böden oder Pflanzen, die dann nur gezielt bestimmte Mengen an Dünger und Pflanzenschutzmitteln bekommen. "Insgesamt reduzieren wir den chemischen Pflanzenschutz um mehr als die Hälfte und sichern trotzdem unsere Ernten", heißt es im Papier.

Es ist ein Nebeneinander, das sich durch die ganze Strategie zieht: Die Landwirte sollen durch neue Technologien effektiver ihre Böden bearbeiten - ohne dabei aber an Produktivität einzubüßen. Und gleichzeitig soll dies die Umwelt schützen, eben durch einen intelligenteren Einsatz von chemischen Hilfsmitteln, durch eine bodenfreundliche Bewirtschaftung von Äckern, durch regelmäßige und vielfältigere Fruchtfolgen. "Ziel ist es, das Kulturpflanzenspektrum bis 2030 auf mindestens fünf verschiedene Kulturpflanzen je Ackerbaubetrieb zu erhöhen", heißt es in dem Strategiepapier. Was freilich auch voraussetze, dass es Absatzmärkte für neue, bisher weniger bekannte Sorten gebe. "Vielfalt muss auch auf dem Teller ankommen", sagt Klöckner.

Die Strategie soll nun zunächst einmal eine Diskussionsgrundlage sein. Streit mit dem Umweltministerium ist absehbar: Gerade beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln oder der Gen-Schere Crispr/Cas, mit der sich die genetischen Informationen von Pflanzen verändern lassen, ist es deutlich vorsichtiger als Klöckners Haus. Weswegen auch die CDU-Frau selbst in jedem zweiten Satz die Zielkonflikte erwähnt, über die man dringend reden muss.

Bisher allerdings war der größte Zielkonflikt jener zwischen Produktivität und Naturschutz. Wer aus seinen Böden mehr herausholen wollte, nahm Probleme für Natur und Umwelt in Kauf. Sei es durch Belastungen des Grundwassers, durch Verlust an Insekten oder durch das "Ausräumen" von Landschaften, in dessen Gefolge etwa Rückzugsorte für Feldvögel verschwanden. In der Präzisionslandwirtschaft soll dieser Widerspruch nun aufgelöst werden. "Er ist auch nicht zwingend", sagt Henrik Schumann, Nutzpflanzenexperte an der Uni Bonn. Wer das Innere seines Ackers optimal nutze, könne am Rande gut Rückzugsflächen für den Artenschutz schaffen. "Wir müssen mehr ökologische Aspekte bei unseren Planungen und Entscheidungen berücksichtigen", sagt er.

Das sieht Klöckner, die sich stets auch als Fürsprecherin der Bauern sieht, ähnlich. Vor allem aber geht es ihr um die Versöhnung von Landwirtschaft und Gesellschaft, auch im Zuge der Debatte über die neue Strategie. Das Papier dazu sei komplex geworden, gesteht sie. "Aber wenn es einfach wäre, bräuchten wir dafür keine Strategie."

© SZ vom 20.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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