Buchungstricks:"Konsolidierung auf die krumme Art"

Griechenland hat vorexerziert, wie mit Krediten ein solider Haushalt vorgetäuscht werden kann. Nun erwägt offenbar auch die Bundesregierung Buchungstricks.

Buchungstricks sind wegen der Griechenlandkrise derzeit besonders schlecht angesehen, doch offenbar will die Bundesregierung nun selbst in die Trickkiste greifen, um Haushaltslöcher zu stopfen. Denn Berlin wolle die Schuldenbremse des Grundgesetzes im kommenden Jahr offenbar mit einem Buchungstrick umgehen, schreibt die Berliner Zeitung.

In den Staatshaushalten der Euro-Länder fehlt an Ecken und Enden das Geld. Mit Buchungstricks können die strukturellen Defizite kurzfristig abgesenkt werden. (Foto: Foto: dpa)

Wie das Blatt unter Berufung auf Regierungskreise berichtet, könnte der Bund dafür seine Überweisung an die Arbeitslosenversicherung als Darlehen deklarieren. Dadurch würden in der Logik der Schuldenbremse Ansprüche auf Rückzahlung in der Zukunft gesichert. Das strukturelle Defizit sänke den Angaben zufolge um rund neun Milliarden Euro.

Alarmstimmung bei Ökonomen

Die Koalition könnte formal die Schuldenbremse einhalten, ohne ernsthaft sparen zu müssen, schreib die Zeitung.

"Ein solches Vorgehen hat einen gewissen Charme", bestätigte der haushaltspolitische Sprecher der Union, Norbert Barthle (CDU), laut Berliner Zeitung entsprechende Überlegungen. Entschieden sei aber noch nichts.

Bei Ökonomen löste der Umgang mit den Defizitregeln Alarmstimmung aus. "Das ist eine Konsolidierung auf die krumme Art", sagte Alfred Boss vom Kieler Institut für Weltwirtschaft der Berliner Zeitung.

"Das widerspricht der Intention der Schuldenbremse", erklärte demnach auch Oliver Holtemöller vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle. "Dann kann die Regierung auch gleich sagen: Wir wollen nicht konsolidieren", sagte Holtemöller.

Rekordwert bei der Neuverschuldung

Die Neuverschuldung hat im Bundeshaushalt 2010 den Rekordwert von 80,2 Milliarden Euro erreicht. Die Bundesregierung begründet die hohe Schuldenaufnahme mit den Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise. Nach der im vergangenen Sommer beschlossenen Schuldenbremse muss der Bund bis 2016 dafür sorgen, dass die Neuverschuldung maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes beträgt.

© sueddeutsche.de/AFP/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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