Branchen im Umbruch:Dramatischer Wandel

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Zurück nach Westeros: Nach dem Serienende von "Game of Thrones" ging es 2022 mit der Spin-Off-Serie "House of the Dragon" weiter. Diese spielt etwa 200 Jahre vor der Originalserie. (Foto: Sky Deutschland/obs)

Medienkonzerne und Programmverteiler gehen aufeinander zu, weil sie allein den Weg zum Kunden nicht mehr finden.

Von Karl-Heinz Büschemann, München

Schon der Preis für die Übernahme des Medienkonzerns Time Warner durch den größten amerikanischen Telekommunikationskonzern AT&T spricht eine klare Sprache. Die Transaktionssumme von rund 100 Milliarden Dollar zeigt, dass in dieser Branche einiges auf dem Spiel steht, etliches im Umbruch ist und Zukunftsstrategien nur mit hohem Aufwand gefunden werden können.

Die jetzt geplante Übernahme ist wahrscheinlich auch nur eine in der Reihe weiterer, die noch folgen werden. Zuvor gab es auch schon Übernahmen von Programmanbietern durch Verteil-Unternehmen. Vor vier Jahren schluckte in den USA der Telefonanbieter Comcast das Fernseh- und Medienunternehmen NBC Universal. Der AT&T-Konkurrent Verizon verhandelt schon seit einiger Zeit über den Kauf von Yahoo. Für Julius Genachowski, den früheren Chef der US-Kommunikationsbehörde FCC, der heute für eine Investmentgesellschaft arbeitet, spiegelt der geplante Deal von AT&T " eine Landschaft wider, die sich in einem dramatischen Wandel befindet, die sich vom Kabel zunehmend in die drahtlose Übertragung bewegt".

Der Trend von Verteil-Unternehmen, sich verstärkt für Programmanbieter zu interessieren, hat vornehmlich zwei Gründe: Die traditionellen Telefonanbieter, die lange vom Boom im Mobilfunk-Geschäft profitieren konnten, haben inzwischen kaum noch Wachstumschancen, stehen dafür aber im heftigen Preiswettbewerb. Zum anderen haben Inhalteanbieter wie Time Warner oder Disney zunehmend Schwierigkeiten, die Kunden zu erreichen. Sie geraten verstärkt unter Druck.

Der Medienkonzern Disney, führender Inhalteanbieter in den USA, bekommt das bereits zu spüren. Die Aktien des Konzerns aus Los Angeles sind in den vergangenen elf Monaten etwa um ein Viertel gefallen. Anfang dieses Monats hatte Unternehmens-Chef Robert Iger auf die wachsende Bedeutung der Verteilung für die Inhalte der Glitzerkonzerne hingewiesen. Er sucht eine Strategie: "Das Wichtigste ist, dass wir versuchen, herauszufinden, welche Rolle die Technologie in Zukunft für unsere guten Inhalte spielen wird."

Da sich junge Menschen zunehmend von klassischen Verteilkanälen abwenden und ihren Medienbedarf verstärkt auf Mobilgeräten befriedigen, sehen klassische Programm-Verteiler im Zugriff auf Programminhalte eine Möglichkeit, zusätzliches Geschäft zu kreieren. Das kommt den Telefongesellschaften entgegen, die zuerst unter den Druck der Satelliten-Anbieter geraten waren und denen später das Internet in die Quere kam. Ihr Rezept: Programme erzeugen. "Gute Inhalte gewinnen immer", ist das Urteil des AT&T-Chefs Randall Stephenson. "Das galt schon für die Kinoleinwand, das gilt für den Fernsehbildschirm und das gilt auch für das Smartphone", erklärte er.

Allerdings hat der Plan von AT&T zur Time-Warner-Übernahme keine ruhmreiche Vorgeschichte. Vor anderthalb Jahrzehnten gingen der Internet-Anbieter AOL und Time Warner zusammen, um gemeinsam die digitale Zukunft anzugehen. Daraus wurde eines der größten Fusionsdesaster in der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte. Angeblich sind die Voraussetzungen heute besser. Jeff Bewkes, Chef von Time Warner, sagt, dass die Verteilung von Inhalten inzwischen noch wichtiger geworden ist als in früheren Zeiten.

Das Zusammenwachsen von Inhalt und Verteilung stößt aber auch auf zunehmende Skepsis. Der große Netzbetreiber AT&T, der auch den Satellitenbetreiber und Programmanbieter DirecTV besitzt, könnte mit seiner Macht die Programmvielfalt behindern und andere Anbieter aus seinen Kanälen heraushalten. Aus diesem Grund hat AT&T-Lenker Stephenson jetzt auffällig deutlich betont, "kein Konkurrent" werde vom Markt verdrängt: "Dem Wettbewerb wird kein Schaden dadurch zugefügt, dass diese beiden Gesellschaften zusammengefügt werden."

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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