Bonuszahlungen:Ermittlungen bei der WestLB

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Die Gier nach Boni beschäftigt erstmals die Justiz: Bank-Manager sollen den Kurs der VW-Aktie manipuliert haben - um sich hohe Zusatzzahlungen zu sichern.

Klaus Ott

In Deutschland sollen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung zum ersten Mal Bank-Manager wegen fragwürdiger Bonuspraktiken vor Gericht gestellt werden. Erkenntnissen der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft zufolge sollen zwei Aktienhändler der Westdeutschen Landesbank (WestLB) risikoreiche Geschäfte verschleiert haben, um ihre Boni nicht zu gefährden. Einer der beiden hatte über Jahre hinweg zusätzliche Zahlungen in Höhe von insgesamt 4,75 Millionen Euro erhalten.

Zwei Aktienhändler der WestLB sollen risikoreiche Geschäfte verschleiert haben, sie sollen nun vor Gericht. (Foto: Foto: dpa)

Die WestLB hatte im Frühjahr 2007 bei Spekulationen mit Aktien vor allem von VW und BMW 604 Millionen Euro verloren. Seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen insgesamt 14 Beschuldigte, die fast alle bei der Landesbank beschäftigt waren oder noch sind. Hauptverdächtige sind die damaligen Aktienhändler Markus B. und Friedhelm B. Die WestLB hatte sich im April 2007 von beiden getrennt und sie wegen Veruntreuung von Bankvermögen, Manipulation und Insidergeschäften angezeigt. Eine noch vorgesehene Sonderzahlung an Markus B. in Höhe von einer Million Euro wurde gestoppt. Der Aktienhändler hatte laut Bankunterlagen von 2000 bis 2006 rund 4,75 Millionen Euro an Boni kassiert. Was sein damaliger Vorgesetzter Friedhelm B. an zusätzlicher Vergütung erhielt, ist nicht bekannt.

Risiken und Verluste einfach verschleiern

Die Staatsanwaltschaft hat noch nicht entschieden, ob sie Anklage erhebt, und falls ja, gegen wen. Aus Justizkreisen ist aber zu hören, es laufe auf eine Anklage gegen die beiden Aktienhändler hinaus. Nach Erkenntnissen der Ermittler sollen Markus B. und Friedhelm B. interne, vom Vorstand beschlossene Obergrenzen für Spekulationen mit VW-Aktien umgangen haben. Das soll in der Absicht geschehen sein, durch weitere Käufe über die vorgegebenen Grenzen hinaus den Kurs künstlich zu stützen, um Risiken und Verluste zu verschleiern. Die Verluste beim Aktienhandel haben zum Niedergang der WestLB beigetragen. Die Düsseldorfer Landesbank, die bei anderen Geschäften Risiken in Milliardenhöhe angehäuft hat, ist heute ein Sanierungsfall.

Mit dem Vorwurf, dass die beiden Händler sich hohe Boni sichern wollten und deshalb auf kriminelle Art und Weise agiert hätten, hat sich bereits das Düsseldorfer Amtsgericht befasst. Das Gericht begründete einen Durchsuchungsbeschluss für die WestLB unter anderem mit dem Verdacht, Markus B. habe die vom Vorstand gesetzten Grenzen für VW-Aktien vorsätzlich überschritten, um das Handelsergebnis zu manipulieren. Das habe die Berechnung seiner Bonuszahlungen positiv beeinflussen sollen. Das Landeskriminalamt (LKA) in Nordrhein-Westfalen, das die Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen unterstützt, gelangte zu ähnlichen Erkenntnissen. Es dürfte Markus B. wegen der Boni darum gegangen sein, die Handelsergebnisse dem Anschein nach möglichst positiv zu gestalten, notierte das LKA sinngemäß in einem internen Vermerk.

Ein unpassendes System

Erhärtet wird dieser Verdacht durch den Inhalt von Telefonaten, die in der Bank aufgezeichnet worden waren. Demzufolge haben sich die beiden Aktienhändler darüber unterhalten, ob man BMW-Aktien aus dem Bestand der WestLB anderweitig deponieren könne, um keine Verluste ausweisen zu müssen. Friedhelm B. soll auf anstehende Verhandlungen über die Boni verwiesen haben. Ein anderer WestLB-Händler bezeichnete es bei internen Telefonaten als Problem, dass jeder seinen Bonus haben wolle. Markus B. sagte bei der Staatsanwaltschaft aus, sein Vorgesetzter Friedhelm B. sei vom Bankvorstand unter anderem wegen bevorstehender Verhandlungen über Bonuszahlungen unter Druck gesetzt worden, gute Ergebnisse zu liefern. Ein Bankangestellter, den die Ermittler als Zeugen vernahmen, bezeichnete das Bonussystem als unpassend. Man habe sich an den kurzfristigen Ergebnissen orientiert, die bestehenden Risiken aber ausgeblendet. Diesen Eindruck hätten viele in der Bank gehabt.

"Es gibt mit Sicherheit eine Anklage gegen die beiden Aktienhändler", sagt ein mit dem Fall befasster Jurist über die bisherigen Erkenntnisse. Staatsanwalt Johannes Mocken teilte auf Anfrage mit, der Aspekt mit den Boni könne für den Abschluss der Ermittlungen "von Bedeutung sein". Ob und wann mit einer Anklage zu rechnen sei, sagte Mocken nicht. Man wolle noch die Stellungnahmen einiger Verdächtiger abwarten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen sieben damalige Vorstände, weil sie den Aufsichtsrat falsch über vorhandene Risiken informiert haben sollen. Zwei dieser Vorstände sind noch im Amt.

Die WestLB wartet den Ausgang der Ermittlungen ab und behält sich Schadenersatzansprüche gegen die Aktienhändler und andere Beschuldigte vor. Der Anwalt von Markus B. teilte auf Anfrage mit, sein Mandant wolle sich zu den Ermittlungen nicht äußern. Der Anwalt von Friedhelm B. war nicht erreichbar.

Markus B. sagte aus, in der WestLB sei ständig Druck ausgeübt worden, die Profitvorgaben zu erfüllen. Als man beim Handel mit VW-Aktien mehr und mehr Verlust gemacht habe, hätten einzelne Vorstände gefordert, weitere Defizite müssten im Hinblick auf das Quartalsergebnis vermieden werden. Markus B. bezeichnete sich als "Bauernopfer".

© SZ vom 10.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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