Börsengang:Der Bahnchef hat es eilig

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Der Streit um den Börsengang der Bahn spitzt sich zu. Bahnchef Mehdorn wehrt sich gegen die immer stärkeren Bedenken aus der Politik gegen eine rasche Privatisierung. Die DB brauche neue Finanzquellen, sagt Mehdorn.

Von Ulf Brychcy und Klaus Ott

(SZ vom 13.09.03) - Nach teilweise heftigen Attacken von SPD, Grünen und FDP bekräftigte DB-Vorstandschef Hartmut Mehdorn am Freitag sein Ziel, die Bahn schnell reif für die Börse zu machen und möglichst schon 2005 Aktien auszugeben, wenn die Bundesregierung zustimme.

Der Süddeutschen Zeitung sagte Mehdorn, "wir machen die Bahn fit, die Bahn braucht neue Ziele". Von 2004 an werde das Staatsunternehmen profitabel sein. "Bereits im Jahr 2005 könnte Bundesfinanzminister Hans Eichel, wenn er wollte, Anteile an die Börse bringen."

Von den Einwänden, dieses Ziel sei so rasch nicht zu erreichen und das Schienennetz müsse beim Staat verbleiben, lässt sich Mehdorn nicht beirren.

"Kein Privatvergnügen"

Er sehe nur die "Zahl der Börsenspezialisten steigen, die plötzlich aus der Erde sprießen". Von den Kritikern werde so getan, als ob der Börsengang ein "Privatvergnügen" sei, sagte der Bahnchef. Stattdessen gehe es darum, neue Finanzquellen zu erschließen.

"Herr Eichel kann uns nicht mehr so finanzieren wie in den vergangenen Jahren, wir brauchen den Kapitalmarkt".

Die Bundesregierung will einen Börsengang bis mindestens 2007 zurückstellen, den Etat für das Schienennetz bereits ab 2004 von deutlich über Milliarden Euro pro Jahr auf knapp vier Milliarden senken.

"Alle müssen sparen, dagegen wehren wir uns nicht, wenn das fair abläuft und nicht einseitig zu Lasten der Schiene geht", betonte Mehdorn.

Wettbewerbsnachteile

Die Kritiker eines Börsengangs der Bahn sollten sich lieber darum kümmern, dass die Straße nicht bevorzugt werde und Wettbewerbsnachteile der Bahn gegenüber dem Flugverkehr beseitigt würden.

Die Verkehrssprecher der SPD-Landtagsfraktionen hatten kürzlich bei einem Gespräch mit Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe verlangt, das Schienennetz müsse beim Staat verbleiben und vor einem Börsengang der Bahn notfalls aus dem Unternehmen herausgelöst werden.

Mehdorn sagte dazu, den Landespolitikern gehe es nur "um ihren Kirchturm", sprich um die eigenen Linien und Bahnhöfe. Er sehe kein Problem darin, die DB mit dem Netz an die Börse zu bringen. "Die Strecken müssen nur für alle Eisenbahnen offen sein, das ist sichergestellt".

Eingeschworen

In einem Schreiben an seine Führungskräfte schwor Mehdorn die DB-Spitze ausdrücklich auf das Ziel ein, eine schnelle Privatisierung zu ermöglichen.

Bei einer Bundestagsdebatte war das von mehreren Rednern in Frage gestellt worden. Der FDP-Abgeordnete Horst Friedrich sprach von "ungedeckten Investitionsplänen", da die Bundesmittel nicht ausreichten. Die DB plane mit fünf Milliarden Euro pro Jahr. Zudem wirke sich die Pannenserie beim Mautsystem negativ für die Bahn aus. Stolpes Verkehrsetat gerate durch die Erlösausfälle unter Druck; für den Aus- und Neubau in das Gleisnetz bliebe noch weniger übrig.

Der Grünen-Abgeordnete Albert Schmidt betrachtet die Börsenpläne als eine "Luftnummer". Schmidt warnt im Hinblick auf das Schienennetz vor einem "Abenteuer, das ins Desaster führt".

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