Börsen:Unter Verdacht

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Die EU-Kommission in Brüssel geht dem Verdacht nach, dass Händler die Kurse von europäischen Staatsanleihen manipuliert haben. (Foto: REUTERS)

Brüssel prüft mutmaßliches Anleihen-Kartell: Haben Händler mehrerer Banken Kurse manipuliert?

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Der Vorwurf wiegt schwer: Händler von acht Banken sollen sich illegal abgesprochen haben, um Kurse von europäischen Staatsanleihen zu manipulieren. Die EU-Kommission hat den Geldhäusern, deren Namen bislang unbekannt sind, diesen Verdacht mitgeteilt und ihre sogenannten Beschwerdepunkte übermittelt. Demnach sollen Bankmitarbeiter sich vor allem über Online-Chatrooms ausgetauscht haben. Dies geschah nach Auffassung der EU-Kommission in den Jahren 2007 bis 2012, also mitten in der Finanzkrise, als mehrere Euro-Staaten vor einer Staatspleite gerettet werden mussten.

Ziel der Manipulationen sei es gewesen, "den Wettbewerb beim Erwerb und Handel mit europäischen Staatsanleihen zu verzerren", teilte die Brüsseler Kartellbehörde mit. Die im Auftrag der Banken agierenden Wertpapierhändler hätten untereinander wirtschaftlich sensible Informationen ausgetauscht und ihre Handelsstrategien aufeinander abgestimmt. Dabei ging es um Staatsanleihen von Mitgliedsländern der Euro-Zone. Sollte sich der Verdacht bestätigen, wäre dies ein schwerer Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht, wonach Preisabsprachen untersagt sind.

Die EU-Kommission legt Wert darauf, dass sich ihre Untersuchung gegen einzelne Händler richtet. Dies bedeute nicht, dass "das vorgeworfene wettbewerbswidrige Verhalten eine generelle Praxis im Handel mit europäischen Staatsanleihen darstellen würde". Die nun an die mutmaßlich beteiligten Banken verschickten Beschwerde-Mitteilungen sind ein erster förmlicher Schritt in einem Kartellverfahren. Die Beschuldigten können die Untersuchungsakten der EU-Wettbewerbshüter einsehen und eine Stellungnahme dazu abgeben. Am Ende des Kartellverfahrens droht den betroffenen Finanzinstituten ein Bußgeld von bis zu zehn Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes.

In Brüssel laufen derzeit gleich mehrere Untersuchungen wegen Marktmanipulationen. Im Dezember hatten die EU-Kartellwächter die Deutsche Bank, Credit Suisse, Crédit Agricole und ein weiteres Institut beschuldigt, beim Handel mit US-Dollar-Staatsanleihen illegale Absprachen getroffen zu haben. Die Deutsche Bank muss in diesem Fall allerdings keine Geldstrafe befürchten. Ihr wurde eigenen Angaben zufolge Immunität gewährt; das Frankfurter Geldhaus arbeitet bei der Aufklärung mit der EU-Kommission zusammen.

Des weiteren gibt es eine Untersuchung, ob acht Banken Wechselkurse manipuliert haben, darunter UBS, HSBC, Citigroup und Barclays. Dem Vernehmen nach standen die Kartellwächter und die Beschuldigten bereits im Jahr 2017 kurz vor einem Vergleich. Der schlug aber fehl, weil mindestens eine Bank ausscherte.

© SZ vom 02.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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