BMW:Starke Landung

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BMW-Produktion in Shenyang: Hier könnten künftig auch Geländewagen vom Band rollen – etwa der X5, der bislang aus den USA nach China geliefert wird. (Foto: AFP)

Die Bayern sind der erste westliche Autobauer, der die Macht über ein Joint Venture mit einem chinesischen Partner übernehmen darf. BMW lässt sich das einiges kosten.

Von Christoph Giesen und Max Hägler, München/Peking

Es ist eine kleine Revolution, zumindest auf dem Papier: BMW wird künftig die Mehrheit halten an seiner wichtigsten Unternehmung in China, der Fabrik- und Verkaufsfirma BBA. Seit 15 Jahren vertreibt und baut der Münchner Konzern in der Volksrepublik zwar Autos, doch wie alle ausländischen Hersteller ist auch BMW ein Zwangspartner zur Seite gestellt worden, Brilliance Automotive heißt dieser. Es ist eine mittelgroße, mittelerfolgreiche Autofirma aus Shenyang im strukturschwachen Nordostchina. Die Manager dort sollten in dem Joint Venture lernen, wie Bayern Autos entwickeln und bauen - und mitverdienen an den schönen Gewinnen. Maximal 50 Prozent durften Autofirmen aus dem Ausland an diesen Gesellschaften halten. Im Frühjahr wurde diese Regel gelockert.

BMW kommt nun als erster ausländischer Hersteller in den Genuss dieser neuen Freiheiten und stockt seinen Anteil an BBA auf 75 Prozent auf. Bisher hielten die Münchner 50 Prozent und Brilliance 40,5 Prozent. Die restlichen 9,5 Prozent liegen bei der Stadt Shenyang. In der Nacht zu Donnerstag verkündete BMW-Chef Harald Krüger bei einem Festakt diesen ungewöhnlichen Deal, für den die Münchner 3,6 Milliarden Euro überweisen werden. Voraussichtlich von 2022 an, dann tritt die Joint-Venture-Lockerung offiziell in Kraft, wird BMW die chinesischen Geschäfte voll in der Bilanz ausweisen können. "Für uns beginnt jetzt eine neue Ära", sagte BMW-Chef Harald Krüger in Shenyang.

Aber warum darf BMW ausgerechnet als erstes Unternehmen aufstocken? Im Gegensatz zur Konkurrenz ist BMWs Kooperationspartner ein privates chinesisches Unternehmen, das an der Börse notiert ist und damit flexibler agieren kann als ein Staatsbetrieb. Für Volkswagen wäre es wohl deutlich schwieriger, die Mehrheit zu übernehmen: Die Wolfsburger kooperieren mit SAIC, dem größten Autobauer Chinas, der der Stadtregierung Shanghais gehört, sowie FAW, einem Hersteller, der direkt der Zentralregierung in Peking unterstellt ist und als sehr ideologisch gilt.

BMW hofft, mit der neuen Macht schneller auf die Wünsche der chinesischen Kunden eingehen zu können - und natürlich bleibt künftig auch mehr Gewinn.

Gegenwärtig baut BMW in China sechs Modelle. Kommen künftig noch weitere hinzu? Was sich anböte, wäre die Fertigung des großen Geländewagens X5 - äußerst beliebt in China, bislang jedoch ausschließlich aus den Vereinigten Staaten importiert. Aus dem BMW-Werk in South Carolina wurden im vergangenen Jahr 81 000 Autos nach China geliefert, die meisten davon X5-Geländewagen. Inzwischen ist das Geschäft mit den Dickschiffen jedoch weitaus weniger lukrativ: Wegen des Handelskrieges mit den Vereinigten Staaten gelten seit Sommer Strafabgaben in Höhe von 25 Prozent für in den USA produzierte Autos. Die Konsequenz: Auf einen BMW X5 fallen aktuell 40 Prozent Zölle an. Auf ein Konkurrenzmodell von Audi oder Porsche - in Europa gebaut - lediglich 15 Prozent. BMW musste in China die Preise erhöhen. Eine X5-Fertigung würde sich auch deshalb fügen, weil die chinesischen BMW-Werke sowieso modernisiert und erweitert werden sollen. Drei Milliarden Euro werden investiert, kündigte Krüger an. Eine neue Fabrik in Tiexi, und ein Ausbau des Standorts Dadong. Mittelfristig soll so die Gesamtkapazität in China auf 650 000 Autos pro Jahr gesteigert werden.

Der Konzern richtet sich künftig auch verstärkt auf die steigende Nachfrage nach E-Autos dort ein. In Dadong kommt ab 2020 der vollelektrische iX3 hinzu. Er wird nur in China gebaut und soll auch exportiert werden. Damit ist BMW voll auf Regierungslinie. Die Führung in Peking treibt massiv den Ausbau der Elektromobilität voran. Von 2019 gilt eine verpflichtende Elektroquote für sämtliche Hersteller in der Volksrepublik. Zudem sind für Kunden in den großen Städten Elektroautos eine Alternative, um überhaupt voranzukommen: In Peking etwa werden Zulassungen für Verbrennerautos nur noch verlost. In Shanghai wiederum werden die Nummernschilder versteigert, manchmal zahlt man den Preis eines Neuwagens für eine Plakette.

© SZ vom 12.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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