Bitte aufräumen:Die Putzkraft

Von Lea Hampel

Am Tag vorher fühlt es sich stets an, als sei man der größte Schmutzfink der Nation. Die Wollmäuse quillen unter dem Sofa hervor, die Kühlschranktür ist mit Fingertapsern übersät und die Duschkabine ein Biotop mit eigens gezüchteten Schimmelkulturen. Nur der Besuch der Schwiegermutter kann einem ähnlich deutlich die eigene Unzulänglichkeit in Reinlichkeitsangelegenheiten vor Augen führen wie der Abend, bevor die Putzfrau kommt.

Viele, die eine solche Dienstleistung nutzen, behaupten ja, deren Haupteffekt seien nicht die mit Parkettpflege behandelten Böden. Sondern die Selbstdisziplin und die dazu gehörigen hektischen Aufräumaktionen, die daraus erfolgen, dass man sich vor jemand Fremden nicht verlottert präsentieren möchte - obwohl man diesen Menschen ja bezahlt, um die Folgen der Verlotterung zu beseitigen, man also längst eingestanden hat, es grundsätzlich nicht zu schaffen mit der Sauberkeit.

Übrigens ist das Tollste daran nicht nur, in eine frisch geputzte Wohnung zu kommen. Sondern wenn man entdeckt, dass auch Profis mal etwas übersehen. Die Wollmaus, die trotz des Besuchs der Putzkraft neben dem Sessel wohnt - sie ist ein kleiner Triumph: Jeder ist fehlbar.

© SZ vom 31.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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