BHP Billiton:Wo die Klärschlacke fließt

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Der Konzern soll schuld an der Verpestung eines brasilianischen Flusses sein.

Von Boris Herrmann, Rio de Janeiro

Der britisch-australische Minenkonzern BHP Billiton mag die Finanzmärkte enttäuschen, in Brasilien hat er noch ganz andere Sorgen. Dort macht er gerade wieder als großer Umweltverschmutzer Schlagzeilen. Noch in dieser Woche soll es eine endgültige Schadenersatz-Vereinbarung zwischen der brasilianischen Regierung und den Betreibern der Eisenerzmine Samarco im Bundesstaat Minas Gerais geben. Dort waren Anfang November zwei Staudämme von Rückhaltebecken voller Abwässer gebrochen. Samarco gehört zu gleichen Teilen der brasilianischen Firma Vale sowie: BHP Billiton.

Brasiliens Umweltministerin Izabella Teixeira bezeichnete die Folgen der Dammbrüche als die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte ihres Landes. Ermittler der Generalstaatsanwaltschaft sprechen dagegen von einem "Umweltverbrechen". Sie gehen dem Verdacht nach, wonach das Minen-Konsortium seit Längerem gewusst habe, dass die Dämme nicht sicher seien und entsprechende Hinweise vertuscht wurden. Samarco bestreitet das.

Betroffene warten auf Geld. Der Minen-Betreiber rühmt sich für seine Großzügigkeit

Jetzt wird um Reparationszahlungen in Milliardenhöhe gestritten. Ein Großteil der Schäden ist aber ohnehin nicht mit Geld zu ersetzen. Mindestens 17 Menschen starben in der Schlammlawine nach dem Dammbruch, zwei gelten weiterhin als vermisst. Der Rio Doce ("Süßer Fluss"), der von den Mittelgebirgen in Minas Gerais bis in den Atlantik fließt, ist seither über Hunderte Kilometer verschmutzt und verseucht. Sein Wasser ist auch drei Monate nach dem Dammbruch noch von rötlicher Klärschlacke gefärbt. Mehrere Städte und indigene Dörfer waren zeitweise von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten. Tote Fische wurden tonnenweise an die Ufer gespült. Biologen befürchten, dass endemische Tierarten bedroht sind, deren Brutplätze in den Auen des Flussdeltas liegen.

Umweltschützer behaupten, es seien auch giftige Metalle wie Arsen, Chrom und Nickel freigesetzt worden, in einem UN-Bericht wurde der Süße Fluss zu einem toten Fluss erklärt. Eine von der Regierung in Auftrag gegebene Studie kam dagegen zu dem Schluss, dass nur "in geringer Menge" Giftstoffe freigesetzt wurden. Samarco erklärte, die Wasserqualität entspräche allen gesetzlichen Vorgaben.

Demgegenüber steht eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes von diesem Montag: Ein Fischfangverbot im Flussdelta am Atlantik, das unter anderem mit gesundheitlichen Risiken begründet wurde. Im Tal des Rio Doce ist das Fischen schon seit November verboten. Tausende Fischer sind arbeitslos, sie werden angeblich mit einem gesetzlichen Mindestlohn unterstützt. Dem Fernsehsender O Globo sagten mehrere Fischer, sie hätten noch keinen centavo bekommen. Auch der Tourismus ist schwer betroffen. Das Flussdelta war einmal ein beliebtes Reiseziel im Bundesstaat Espirito Santo, inzwischen stehen die Pensionen leer. Niemand will in rotem Schlamm baden.

Während viele Betroffene weiterhin auf Schadenersatz warten, löst eine TV-Werbekampagne des Minen-Konsortiums Empörung aus. Dabei werden die großzügigen und unmittelbaren Hilfsmaßnahmen von Samarco herausgestellt. Der Slogan lautet: "Es ist immer gut, in alle Richtungen zu schauen." Der nationale Werberat ermittelt nun in eine ganz spezielle Richtung: Ob die Kampagne zumindest halbwegs die Wahrheit erzählt oder den Werbekodex verletzt.

© SZ vom 24.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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