Beweise:Auf dem USB-Stick rausgeschafft

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Audi-Mitarbeiter haben belastende Dateien entfernt oder gar gelöscht. Das erschwert nun die Ermittlungen.

Von Klaus Ott, München

Die Staatsanwaltschaft München II, die in der Abgasaffäre bei der Volkswagen-Tochter Audi ermittelt, hat bei einer Razzia im März am Stammsitz des Autoherstellers in Ingolstadt jede Menge Material beschlagnahmt. E-Mails, Protokolle, Präsentationen, Berechnungen und mehr. Die Unterlagen sollen Aufschluss geben, wer bis hinauf in die Konzernspitze in die Affäre verwickelt sein könnte.

Das ganze Ausmaß der Diesel-Manipulationen zu ermitteln, wird allerdings nicht leicht. Denn vieles von dem, was die Strafverfolger zu finden hofften, ist längst gelöscht. Oder auf USB-Sticks oder externen Festplatten außer Haus gebracht. Und das bereits im September 2015, als die Affäre begonnen hatte. Damals soll ein Jurist bei der Audi-Konzernmutter Volkswagen in Wolfsburg vor 30, 40 Leuten verklausuliert dazu aufgefordert haben, verfängliche Daten beiseite zu schaffen. So haben das die Braunschweiger Staatsanwaltschaft und die US-Justiz ermittelt. Und so steht das auch in Anfang 2017 von den Behörden in Übersee veröffentlichten Ermittlungsergebnissen. Dort heißt es, Mitarbeiter von VW und Audi hätten "Tausende von Dokumenten" vernichtet.

Mehrere Mitarbeiter sollen jeweils tausend Mails vernichtet haben

Was dort nicht stand, nicht stehen konnte: Wie schwer es offenbar den Münchner Ermittlern fällt, die gelöschten oder beiseite geschafften Daten zu rekonstruieren. Zwar gibt es, wie in jeder Firma, sogenannte Sicherungsbänder. Die lassen sich aber nicht so ohne weiteres durchsuchen. Aus juristischen Gründen nicht, weil eine Staatsanwaltschaft nicht pauschal alle Geschäftsunterlagen beschlagnahmen kann. Sondern genau beschreiben muss, wonach man sucht. Wie aber sollen Ermittler etwas konkret benennen, von dem sie gar nicht wissen, dass es im Original existiert hat und auf den Sicherungsbändern vielleicht noch zu finden wäre. Hinzu käme: Die Datenmenge wäre so riesig, dass die Behörden vermutlich an ihre Grenzen stießen; technisch und personell.

Hinweise auf eine systematische Vertuschung hat bereits die Kanzlei Jones Day gefunden, die im Auftrag des Aufsichtsrats von Volkswagen die Abgasaffäre untersucht. Die Kanzlei fand heraus, dass mehrere Audi-Angestellte aus der Sparte Abgasbehandlung etwa tausend Mails pro Person gelöscht hätten. Ein Mitarbeiter soll das gleich zugegeben haben. Zurückgegangen sein dürfte dies auf die indirekte Aufforderung des VW-Juristen in Wolfsburg. Eine Audi-Manager, der dort dabei war, soll nach seiner Rückkehr nach Ingolstadt im Kreise zahlreicher Kollegen Ähnliches gesagt haben. Man solle doch bestimmte Daten aus den Firmencomputern entfernen. VW erklärt zu den Löschaktionen bei der Tochter Audi, wegen der laufenden Ermittlungen äußere man sich nicht dazu.

Noch im Sommer 2016, als die Affäre fast ein Jahr alt war, sollen Mitarbeiter Dokumente mit nach Hause genommen und belastendes Material auf CDs gezogen haben. Ein Teil des Materials befindet sich angeblich im Ausland.

© SZ vom 29.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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