Bei uns in Peking:Diesmal nicht

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In der Vergangenheit nutzte die chinesische Regierung die Weihnachtstage gerne, um unliebsame Kritiker einzubuchten. Doch dieses Mal sind die meisten ausländischen Korrespondenten im Land.

Von Christoph Giesen

Weihnachten in Peking, zum allerersten Mal, es geht auch gar nicht anders: Wer nach Hause fliegt, kommt nur sehr schwer zurück. Pro Woche landen bl0ß einige wenige Flugzeuge aus dem Ausland, aus manchen Staaten darf man überhaupt nicht mehr nach China fliegen. Zudem braucht man sowohl einen negativen Corona- als auch Antikörpertest, um an Bord zu gelangen. Wer das Virus überstanden hat, hat derzeit Einreiseverbot.

In den ersten Einkaufszentren der Stadt dudelt inzwischen Weihnachtsmusik in Endlosschleife, Plastikbäume werden aufgestellt und mit Kunstschnee dekoriert. Nur ein paar wenige Läden in Peking bieten echte Tannen an - anderorts bekäme man vermutlich einen ganzen Hain dafür.

Die Alternative: Online kaufen. Es gibt schließlich fast nichts, was man in China nicht im Netz bekäme: Kugeln, Lametta, eine Christbaumspitze, wird ohnehin alles in China hergestellt. Straff eingewickelt in Schutzfolie bringt der Bote auch einen Baum vorbei, als hätte man einen Besenstiel geordert. Alles zupfen und ziehen hilft nicht viel, die Zweige sind nicht mehr in Form zu bringen. Also geht man doch in einen dieser Läden und kauft den teuersten Baum seines Lebens für ein hoffentlich halbwegs besinnliches Fest.

In der Vergangenheit hat die chinesische Regierung die Weihnachtsfeiertage jedoch gerne zum Politikmachen genutzt. Als viele Manager vor zwei Jahren im Urlaub waren, peitschte die Führung das Gesetz zur Regelung von ausländischen Investitionen durch. Wenn sonst fast alle Korrespondenten nach Hause geflogen sind, werden oft Anwälte verhaftet.

Im vergangenen Jahr lud die Regierung zur Pressekonferenz mit dem stellvertretenden Leiter der Propagandaabteilung aus Xinjiang, jener Region im Nordwesten Chinas, in der mehr als eine Millionen Uiguren in Umerziehungslagern interniert sind. Wann genau äußerte sich der Mann? Natürlich an Heiligabend. Diesmal sind wir alle im Land.

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