Bei uns in London:Notenbank-Clooney laufen die Frauen davon

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Jetzt verlässt auch noch die letzte Spitzenmanagerin die Bank. Das 35-Prozent-Ziel für Frauen in Führung musste der Chef auf 2020 schieben. Dabei wird die Bank auch "alte Dame" genannt - Platz für Investition.

Von Björn Finke

Die Bank of England wird auch Old Lady of Threadneedle Street genannt. An dieser Straße in der Londoner City hat die britische Notenbank ihren Sitz, und die "alte Dame" bezieht sich darauf, dass das Institut schon 1694 gegründet wurde. Passender wäre allerdings alter Herr, denn Frauen haben bei der Zentralbank traditionell wenig zu sagen. Alle 120 Gouverneure in der Geschichte der Bank waren Männer. Die amtierende Nummer 120, der Kanadier Mark Carney, will aber die Rolle von Frauen bei den Währungshütern stärken. Dumm nur, dass ihm gerade die wenigen Frauen abhandenkommen, die er auf Top-Jobs befördert hat.

Ein Jahr nach seinem Amtsantritt 2013 berief er Minouche Shafik zur ersten weiblichen Vize-Gouverneurin in der Historie der Bank. Doch sie entschied sich, das Institut im Februar diesen Jahres zu verlassen, um Direktorin der London School of Economics zu werden. Zur Nachfolgerin kürte Carney Charlotte Hogg. Carney hatte die Managerin schon 2013 von der Bank Santander geholt; sie war seitdem für das Tagesgeschäft der Notenbank verantwortlich. Hogg trat aber von ihrem Posten als Vize-Gouverneurin im März zurück, nur zwei Wochen nach ihrer Beförderung. Sie hatte vergessen, einen Interessenskonflikt anzugeben: Ihr Bruder ist Top-Manager beim britischen Geldhaus Barclays, das von der Bank of England überwacht wird.

Vor drei Jahren lotste Carney die amerikanische Volkswirtin Kristin Forbes als externe Fachfrau in das Notenbank-Gremium, das über die Höhe der Leitzinsen entscheidet. Ihre Amtszeit läuft allerdings im Juni aus. Damit würde von Sommer an keine einzige Frau einen Spitzenposten bei der Bank of England bekleiden: Peinlich für Carney, der dem altehrwürdigen Institut mehr Vielfalt verordnet hat. Zumal die Bank auch ein ehrgeiziges Ziel verpasst, das der Kanadier - der erste Ausländer auf dem Posten - bei seinem Amtsantritt gesetzt hat. Bis 2017 sollten Frauen demnach 35 Prozent der höheren Management-Positionen übernehmen. Bisher stieg ihr Anteil aber lediglich auf 28 Prozent. Jetzt hofft die Bank darauf, die Marke im Jahr 2020 zu erreichen.

Dass Carney ein Frauenproblem hat, ist nicht ohne Ironie, denn britische Medien nennen ihn gerne den George Clooney unter den Notenbankern, wegen seines charmanten Lächelns und der smarten Anzüge. Carney bemerkte dazu einmal trocken, unter Zentralbankchefs der Clooney zu sein, sei "eine sehr niedrige Latte". Doch etwas von der Anziehungskraft des echten Clooney auf Frauen würde Carney im Moment nicht schaden.

© SZ vom 21.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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