Bei uns in Hamburg:Pudel und andere Prachtstücke

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Hamburg hat ein neues Gesprächsthema: alte Schiffe. Fragt sich nur, ob man eher Typ "Peking" oder Typ "Roland" ist.

Von Angelika Slavik

Man hängt so ab und denkt über das Leben nach, zur Ablenkung liest man die Lokalpresse. Es ist gut, dass man immer brav die Lokalpresse liest, sonst wüsste man jetzt nicht von Roland und das wäre doch ein Verlust. Schließlich ist Roland ein Prachtstück.

Roland ist, wie sich das für Hamburger Prachtstücke gehört, natürlich ein Schiff und gehört neuerdings dem Internationalen Maritimen Museum in der Stadt. Das wäre keine große Sache, schließlich kann man sich mehr als 70 000 Schiffe in diesem Museum ansehen, die meisten als Miniatur-Modell, aber es gibt auch Kriegs-U-Boote und allerlei anderes aufregendes Zeugs. Leider ist kein einziges davon seetauglich. Bis auf Roland, ein 9,20 Meter langes Schubboot der Marine, in Betrieb seit 1964. Zwölf Zylinder, luftgekühlt, 250 PS, 19 Liter Hubraum, man kann 22 Stundenkilometer auf der Elbe damit fahren, wie berichtet wird. Man muss hoffen, dass die Museumsleute an diesem Wochenende mit der Roland ordentlich einen draufmachen, damit dieses Superding vom geneigten Publikum aufrichtig bewundert wird. Am Montag nämlich kommt dann die Peking in die Stadt. Und dann wird die Roland, das Prachtstück, abgemeldet sein.

Die Peking ist eine Viermast-Stahlbark, für weniger wasseraffine Menschen also: ein sehr, sehr großes Segelschiff. Man sollte wissen, dass die Peking ihren Namen deshalb hat, weil der Reeder Laeisz, der sie 1911 erstmals in Dienst gestellt hat, dem Großteil seiner Schiffe Namen mit "P" gegeben hat - zu Ehren seiner Frau, die er "Pudel" nannte. Auch sonst hat die Peking eine bewegte Geschichte, sie wurde als Kriegsschiff eingesetzt, vermoderte irgendwann im Hafen von New York und wurde schließlich mit ziemlich viel Aufwand zurück nach Deutschland geschleppt, vor vier Jahren war das. 38 Millionen Euro später ist sie jetzt fertig restauriert und soll an diesem Montag in Hamburg festmachen. Als Museumsschiff, das dann für alle begehbar, aber nicht fahrtüchtig sein soll, wie es heißt.

Das wirft natürlich Fragen auf, grundlegende. Zum Beispiel, ob man im Leben eigentlich besser dran ist mit einer Peking, die super aussieht, sehr teuer ist, aber keinerlei Funktion erfüllt. Oder ob man eher nach einer Roland streben sollte, praktisch, kompakt und, nun ja, langlebig. Und, noch schlimmer, ob man selbst eigentlich eher Typ Peking oder Typ Roland ist. Vielleicht sollte man einfach ein Schlauchboot kaufen, oder eine Barkasse. Man könnte sie "Pudel" nennen und zwischen Peking und Roland hin- und herschippern, wann immer man will.

© SZ vom 04.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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