Bei uns in... Frankfurt:So lecker wie nie

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Ausgerechnet nach Weihnachten und Silvester beginnt die Schlemmerei auf dem Neujahrsempfang der Finanzaufsicht Bafin. Es gibt: zartes Rind, grünen Spargel, pürierten Sellerie. Auch rhetorisch werden nur zarte Worte serviert.

Von Markus Zydra

Es ist zum Verrücktwerden. Das neue Jahr beginnt mit opulenten Buffets. Die sind ohne Zweifel sehr schmackhaft, aber nach Weihnachten und Silvester wäre gegen eine längere Pause wenig einzuwenden gewesen. Doch die Neujahrsempfänge machen es dem schwer Satten nicht leicht, Disziplin zu wahren. So auch bei der Finanzaufsichtsbehörde Bafin, die im Frankfurter Norden ihr Domizil hat. Zartes Rind, grüner Spargel, pürierter Sellerie. Die Regeln sind seit ewigen Zeiten klar: Man darf erst zubeißen, nachdem der Präsident der Behörde seine Rede beendet hat. Früher fielen da harte Worte mit apokalyptischem Unterton. Jochen Sanio, der ehemalige Bafin-Präsident, galt als rhetorischer Meister. Es waren die Jahre der globalen Finanzkrise. Die Welt stand vor dem Kollaps. Sanio befürchtete in seinen Ansprachen 2008, 2009, 2010 und 2011 stets das Schlimmste. Seine Nachfolgerin Elke König gab sich verbal unaufgeregter, doch auch ihre Neujahrsempfänge 2012 bis 2015 standen unter dem Vorzeichen der großen Furcht. Jetzt hatte Felix Hufeld als Bafin-Chef seine Premiere, und erstmals nach acht Jahren ereilte einen das Gefühl, die ganz große Malaise könne endlich vorbei sein. Hufeld, der ebenso humorvoll wie durchsetzungsstark wirkt, versprach, seine Behörde werde die Banken "in Manndeckung" nehmen. Das klingt nach zivilem Fußballplatz. Die Zeit der brutalen Faustkämpfe zwischen Banken und Kontrolleuren scheint vorbei zu sein. Endlich. Man konnte das penetrante Fabulieren über die mögliche Katastrophe auch nicht mehr hören. Dabei gibt es Leute, die halten diese wachsende Unbekümmertheit für den eigentlichen Vorboten des Crashs. Doch auf Neujahrsempfängen der Finanzbranche trifft man diese Menschen nicht. Die Sicherheitspolitik, der Terror, die Flüchtlinge sind die großen Themen. Und Volkswagen. Doch, doch. Da kommt in Bankenkreisen eine gewisse Genugtuung rüber. Endlich mal ein anderer Prügelknabe der Nation. Auch die Commerzbank ist oben auf. Der Neujahrsempfang fand auf der Vorstandsetage im 49. Stock statt, mit Live-Band. Früher traf man sich im zugigen Erdgeschoss des Wolkenkratzers. Das ist ein Signal. Die Bankbranche traut sich wieder was zu. Wie in alten Zeiten mosert man lautstark über die strengen Regeln, die Aufseher wie Hufeld ihnen Tag für Tag neu aufbrummen. In den ersten Jahren der Krise waren sie demütiger. Die Öffentlichkeit hätte nichts anderes akzeptiert. Ein Wandel am Finanzplatz Frankfurt. Manches wird sogar besser. Das Buffet mit dem grünen Spargel war so lecker wie nie.

© SZ vom 15.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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