Bei uns in Frankfurt:Europa in Deutschland

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Für ein paar Frankfurter Bürger war die Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen, ein Weckruf: Die Bürgerbewegung "Pulse of Europe" demonstriert für Europa. Man fing klein an, doch am Sonntag kamen bereits knapp 2000 Menschen.

Von Markus Zydra

Man konnte die ältere Dame am vergangenen Sonntag am Goetheplatz in Frankfurt sehen. Sie hielt ein Schild in die Höhe, auf dem ein Wort geschrieben stand: "Ja". Mehr nicht. Diese zwei Buchstaben sind aller Ehre wert, denn dieser Tage wettern Demonstranten häufig gegen etwas. Das "Nein" steht dann im Vordergrund, was häufig die Frage nach dem "Was soll man sonst machen?" ausblendet. Die Aussage "Ja" steht hingegen für Hoffnung, in diesem Fall geht es um Hoffnung für Europa.

Für ein paar Frankfurter Bürger war die Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen, ein Weckruf. Sie starteten eine Bürgerinitiative und nannten sich "Pulse of Europe", Puls Europas. Jeden Sonntag demonstrieren sie für Europa, um "der EU-Skepsis entgegen zu treten". Die Bürgerbewegung hat klein angefangen. Die Gründer mobilisierten Freunde, die wiederum Freunde und Bekannte dazuholten. Zu Anfang kamen ein paar Hundert Teilnehmer, am vergangenen Sonntag waren es schon knapp 2000 Menschen, die mit Europa-Fahnen durch die Innenstadt zogen, um vor der Paulskirche halt zu machen, dem Ort, der auch die "Zerbrechlichkeit der Demokratie" symbolisiere.

Frankfurt ist Europastadt. Dort haben die Europäische Zentralbank, die Europäische Bankenaufsicht und die Europäische Versicherungsaufsicht ihren Sitz. Es mag deshalb kein Zufall sein, dass man gerade am Main "Ja" sagt zu Europa. Dabei sind es keine Eiferer, die da jeden Sonntag durch die Stadt laufen. Es gibt Gott sei Dank auch keine gewaltbereiten Krawallmacher wie jene, die im März 2015 bei der Eröffnung des neuen EZB-Towers Polizisten angegriffen und Feuer gelegt haben. Es kommen auch keine Routiniers, denen die Worte bei jeder Demonstration leicht über die Lippen kommen, weil es immer dieselben Phrasen sind.

Einige der Demonstranten gingen Anfang der Woche auch zum EU-Bürgerdialog in den Main Tower. Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der Europäischen Kommission, und Lucia Puttrich, hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten, stellten sich den Fragen von etwa 130 Bürgern.

Die zwei Politiker wurden dabei hart angegangen, obwohl die allermeisten Gäste EU-Anhänger waren. Der Grund: Die Bürger hörten in den Antworten der beiden zu wenig Herzblut für Europa heraus.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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