Bedrohliche "Szenarien":Massenentlassungen bei Siemens VDO befürchtet

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4000 der insgesamt 20.800 Stellen von VDO in Deutschland sollen auf dem Spiel stehen. Der Betriebsrat fordert Klarheit.

Markus Balser

Die Delegation des Autozulieferers Brose war klein. Doch im Würzburger Werk von Siemens VDO löste der Besuch der Manager aus Coburg in der vergangenen Woche große Sorgen aus.

Inzwischen sickerte durch, Siemens prüfe, das Werk mit 1700 Beschäftigten an den kleineren Konkurrenten mit 9000 Mitarbeitern und 2,2 Milliarden Euro Umsatz zu verkaufen.

Weitere Standorte seien akut gefährdet, erfuhren die Beschäftigten am Freitag bei Informationsveranstaltungen der Betriebsräte. Bis zu 4000 der insgesamt 20.800 Stellen von VDO in Deutschland stünden auf dem Spiel.

Harte Einschnitte

Bei einem Börsengang der Autozuliefersparte vermuten Arbeitnehmerkreise harte Einschnitte vor allem für die Werke Stollberg bei Chemnitz und Karben.

Teile der Produktion in Karben könnte Siemens ganz aufgeben, für weitere prüfe VDO die Verlagerung ins benachbarte Babenhausen südlich von Frankfurt.

Damit könnte der Standort mit 1700 Beschäftigten aufgelöst werden, hieß es am Freitag. Für den kleineren Standort Stollberg bei Chemnitz prüfe eine Task-Force Alternativen zur Schließung.

Siemens wolle bei einem Börsengang die Umsatzrendite von VDO deutlich erhöhen, hieß es weiter. Noch sei unklar, wie konkret die Pläne bereits seien.

Siemens spricht bislang lediglich von Szenarien, zu denen es keine Beschlüsse gebe - und verärgert damit den Betriebsrat: ,,Es wird Zeit, dass eine offene Informationspolitik gefahren wird und dass die wahren Pläne auf den Tisch kommen'', forderte der Betriebsratsvorsitzende des größten VDO-Standortes in Regensburg, Hans Fischl, am Freitag.

Nicht zum Kernbereich gehörende Sparte

Der Siemens-Aufsichtsrat hatte Ende Januar entschieden, VDO als nicht zum Kernbereich gehörende Sparte wieder aus der Siemens AG auszugliedern und einen Teilbörsengang vorzubereiten.

Der Konzern hatte den zuvor als hundertprozentige Siemens-Tochter geführten Automotive-Bereich mit weltweit etwa 130Standorten erst im April vergangenen Jahres in die Konzern-AG eingegliedert.

Nun strebt Siemens einen Verkauf von bis zu 49 Prozent des Geschäftsbereiches über die Börse an. Bei einem Börsengang wachse der Druck auf VDO, bessere Ergebnisse zu erzielen, heißt es bei Siemens. Die Rendite von derzeit knapp sieben Prozent solle dann nach Angaben aus Konzernkreisen auf mindestens neun Prozent steigen.

Entscheidung kann bereits Ende April fallen

Alternativ zum Börsengang solle bei einer Aufsichtsratssitzung am 25. April ein Verkauf an den Zulieferer Continental oder an Finanzinvestoren diskutiert werden. Dann könne bereits eine Entscheidung fallen. Continental hatte vehement Interesse an VDO angemeldet, pocht aber auf die industrielle Führung.

Der Autozulieferer ist nach Informationen der Süddeutschen Zeitung dazu bereit, etwa zehn Milliarden Euro für die Siemens-Sparte mit weltweit insgesamt 53000 Beschäftigten zu zahlen. Analysten hatten den Wert des Autozulieferers zuletzt auf sechs bis acht MilliardenEuro geschätzt.

© SZ vom 14.04.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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