Basiskonto:In Bielefeld hat die erste Bankfiliale nur für Flüchtlinge eröffnet

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Der neue Flüchtlingsausweis gilt als Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender soll die Organisation der Flüchtlingssituation erleichtern (Foto: dpa)

Das Geldhaus ermöglicht es ihnen, schnell ohne Bargeld auszukommen.

Von Vivien Timmler

Jahrelang versperrten cremefarbene Gardinen den Blick durch die bodentiefen Fenster. Nie stand ein Name am Klingelschild, nie brannte Licht. Nur Dutzende Schließfächer unmittelbar neben der Eingangstür ließen darauf schließen, dass hier, in dem Häuschen am Rande der Bielefelder Innenstadt, einmal Bankgeschäfte abgewickelt wurden. Aber das ist lange her. Schon im Jahr 2003 schloss die Bielefelder Stadtsparkasse die Filiale. Bis auf eine kurze Zwischenbelegung stand das Gebäude leer.

Erst jetzt wird es wieder gebraucht, vielleicht dringender denn je. Seit dieser Woche werden dort täglich 30 Konten eröffnet. 30 Konten für 30 Flüchtlinge. Denn die Filiale der Bielefelder Sparkasse in der Innenstadt war aufgrund des immensen Andrangs zeitweise völlig überlastet. "An einigen Tagen hatten wir bis zu 1400 Kunden bei uns in der Filiale", sagt ein Sprecher. Normal seien ein paar Hundert.

Der Grund: Nur noch wenige Kommunen verfügen über eigene Auszahlungsstellen. Sie können deshalb den Flüchtlingen kein Bargeld, sondern nur sogenannte Barschecks über die ihnen zustehenden Leistungen auszahlen. Mit denen werden die Flüchtlinge dann zu den örtlichen Sparkassen geschickt, die aufgrund ihrer kommunalen Trägerschaft für die Geldversorgung der Flüchtlinge zuständig und mit dieser Aufgabe häufig überfordert sind.

"Bankzentrale für Geflüchtete"

Der Vorstand der Bielefelder Sparkasse hat deshalb beschlossen, jene leer stehende Filiale am Rande der Innenstadt wiederzubeleben, und zwar als "Bankzentrale für Geflüchtete". Bankautomaten oder Geldschalter wird man dort nicht vorfinden: Der Standort ist einzig und allein darauf ausgerichtet, Flüchtlingen Konten einzurichten, und zwar im großen Stil.

"Wenn wir es schaffen, bis zu 150 Konten pro Woche zu eröffnen, kann jeder Flüchtling in Bielefeld künftig am ganz normalen Zahlungsverkehr teilnehmen. Und darauf haben sie in Kürze sowieso einen Rechtsanspruch", so der Sprecher.

Umgesetzt werden die Kontoeröffnungen gemeinsam mit der Stadtverwaltung. Einmal wöchentlich liefert sie der Sparkasse einen geschützten Datensatz mit Personenangaben über Flüchtlinge, die neu nach Bielefeld gekommen sind. Auf Grundlage dieser Daten legen Mitarbeiter dann Konten an. Die Flüchtlinge selbst müssen nur in die Filiale gehen, den Vertrag unterschreiben und anschließend erhalten sie innerhalb weniger Tage ihre Bankkarte an die von ihnen angegebene Adresse geliefert. Höchstens zwei Wochen sollen künftig nur noch zwischen ihrer Ankunft in Bielefeld und dem Termin bei der Bank vergehen.

Flüchtlinge sollen lernen, was sie mit einem Konto anstellen können

Bei den Terminen in der neuen Filiale soll es aber nicht nur um Formalien gehen. Den Geflohenen soll vor allem auch erklärt werden, was sie mit so einem Konto anstellen können. Schließlich hatten längst nicht alle in ihrer Heimat einen Zugang zum bargeldlosen Bezahlen. Das werde vor allem aufgrund der existierenden Sprachbarrieren eine Herausforderung, glauben die drei Mitarbeiterinnen in der Filiale. Zwar spricht eine von ihnen fließend Arabisch, die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank, die bei jeder Kontoeröffnung ausgegeben werden müssen, gibt es aber lediglich auf Deutsch und Englisch.

"Oberstes Anliegen ist es für uns jetzt erst einmal, dass Flüchtlinge ein Konto bekommen, auf das ihre Sozialleistungen bargeldlos überwiesen werden können. Damit werden sie unabhängiger von den Barschecks der Stadt", sagt der Sprecher. Das sei langfristig nicht nur ihr gutes Recht, am Ende entlaste das gleichzeitig auch die Kommunen und die anderen Bankfilialen in der Stadt.

© SZ vom 29.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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