Basiskonto:Das Recht auf ein teures Konto

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Überziehen kann man ein Basiskonto in der Regel nicht, aber alltägliche Bankgeschäfte wie Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen damit tätigen. (Foto: Rüdiger Wölk/Imago)

Seit fünf Jahren darf jeder Erwachsene in Deutschland ein Bankkonto eröffnen. Davon könnten vor allem sozial schwächer gestellte Menschen profitieren - doch manche Banken bitten ausgerechnet sie extra zur Kasse.

Von Felicitas Wilke

Einmal eben zur Filiale um die Ecke gehen, ein Formular ausfüllen, und schon ist das Konto eröffnet: Ganz so leicht hätten es viele Verkäuferinnen und Verkäufer der Hamburger Straßenzeitung Hinz und Kunzt noch immer nicht, berichtet Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. Noch immer stellten sich Mitarbeiter am Schalter manchmal quer, wenn sich Obdachlose und sozial schwächer gestellte Menschen um eine Bankverbindung bemühen. Ihnen gibt er dann einen Zettel mit, der schwarz auf weiß bestätigt: In Deutschland hat jeder und jede über 18 grundsätzlich das Recht auf ein Konto. "Dann klappt es meistens", sagt Karrenbauer.

Seit fünf Jahren ist das so. Seit dem 19. Juni 2016, einem Sonntag, steht hierzulande allen volljährigen Menschen per Gesetz die Möglichkeit offen, ein Basiskonto zu eröffnen. Vorher war es immer wieder vorgekommen, dass Geldinstitute insbesondere obdachlose, geflüchtete oder hoch verschuldete Menschen abgewiesen hatten. Eine in deutsches Recht umgesetzte EU-Richtlinie sollte die Diskriminierung am Bankschalter beenden. Die Frage ist nur, zu welchem Preis.

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Kerstin Föller wägt kurz ab, wenn man sie fragt, wie ihre bisherige Bilanz zum Basiskonto ausfällt. Dann sagt die Juristin, die sich bei der Verbraucherzentrale Hamburg mit Themen rund um Konto, Kredit und Insolvenz befasst: "Eher positiv. Wir sind heilfroh, dass beispielsweise Überschuldete inzwischen überhaupt die Chance auf ein Konto haben." Zwar kennt auch sie Fälle, in denen Banken potenzielle Neukunden zunächst ablehnen, wenn diese ein "Girokonto" wünschen. Der Trick bestehe dann darin, gezielt nach einem "Basiskonto" zu fragen.

Auf dem Weg zur Bankverbindung kann es einige Hindernisse geben

Etwa 761 500 solcher Konten sind bis zum 30. Juni 2020 eröffnet worden, aktuellere Zahlen liegen der Finanzaufsichtsbehörde Bafin nicht vor. Ein Basiskonto wird in der Regel auf Guthabenbasis geführt. Das heißt, man kann es nicht überziehen, sehr wohl aber alltägliche Bankgeschäfte wie Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen damit tätigen. Die Bafin bescheinigt den Banken, ihre Pflichten nach dem Zahlungskontengesetz "grundsätzlich gut" zu erfüllen. Und tatsächlich zeigen Zahlen der Behörde für das Jahr 2019, dass die Institute nur knapp vier Prozent der Anträge auf ein Basiskonto zunächst abgelehnt hatten, bevor die Bafin das weitere Vorgehen prüfte.

Trotzdem kann es auf dem Weg zur Bankverbindung noch Hindernisse geben. Beim Bayerischen Flüchtlingsrat stellt man fest, dass Menschen mit einer Duldung sowie Geflüchtete, die bislang nur eine vorläufige Aufenthaltsgenehmigung vorweisen können, oft immer noch kein Konto erhalten. Die Deutsche Kreditwirtschaft als Interessenvertretung der Banken verweist auf gesetzliche Vorgaben, an die man sich zu halten habe. Flüchtlinge bräuchten demnach eine Duldungsbescheinigung, um ein Basiskonto zu eröffnen.

Eine weitere Hürde: Während viele Banken vergleichsweise transparent auch online auf ihre Girokonten und Entgelte hinweisen, halten sie sich beim Basiskonto tendenziell bedeckt. "Erst kürzlich hatten wir einen Fall, bei dem die Bank der Verbraucherin mitgeteilt hatte, sie solle doch erst einen Antrag auf ein Konto stellen und bekäme dann den Preis mitgeteilt", sagt Verbraucherschützerin Föller. Das müsse sich ändern, findet sie, "die Verbraucher sollten sich vorab ohne großen Aufwand informieren können".

Das Konto für alle muss nicht umsonst sein, so steht es im Gesetz

Banken und Sparkassen waren von Beginn an nicht verpflichtet, das Basiskonto kostenlos anzubieten. Vielmehr sieht das Gesetz vor, das Entgelt für die Dienstleistung müsse "angemessen" sein. Eine Obergrenze hat der Gesetzgeber nie definiert, sondern lediglich vage festgelegt, die Kosten müssten sich an "marktüblichen" Entgelten orientieren. Die 8,99 Euro pro Monat, die man bei der Deutschen Bank zwischenzeitlich fürs Basiskonto verlangte, waren jedenfalls nicht angemessen. Dieses Urteil fällte der Bundesgerichtshof (BGH) im vergangenen Jahr, nachdem der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) geklagt hatte.

Das BGH-Urteil ist jedoch nicht allgemeingültig: Da es für jedes hohe Entgelt ein einzelnes Urteil bräuchte, gibt es noch immer Geldinstitute, die teils mehr als 200 Euro pro Jahr für das Basiskonto kassieren - und damit mehr als für ihre Girokonten. "Wenn die Gefahr besteht, dass viele Bürger aufgrund ständig steigender Gebühren ein 'Konto für alle' überhaupt nicht mehr nutzen können, wird dieses subjektive Recht zur Makulatur", findet Michael Findeisen von der Organisation "Finanzwende Recherche". Er fordert die Bafin dazu auf, gegen hohe Entgelte einzuschreiten. Zudem müsse die nächste Bundesregierung das Gesetz klarer formulieren. Die Finanzaufsicht verweist auf Anfrage auf die geltenden Regeln, die nun mal keine "Von-bis-Angaben" vorsähen. "Nach unserer Beobachtung werden Basiskonten zu unterschiedlichen Entgelten angeboten", teilt die Behörde mit.

Tatsächlich bieten einige Online-Banken wie die Consorsbank und die DKB das Basiskonto sogar kostenlos an, wenn auch teils an einen bestimmten Geldeingang pro Monat gekoppelt. Doch insbesondere bei vielen Filialbanken sind die Preise zuletzt spürbar gestiegen, für konventionelle Kontomodelle genau wie für das Basiskonto. "Das ist für alle Menschen ärgerlich", sagt Sozialarbeiter Karrenbauer, "aber für die Armen ist es doppelt schlimm."

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