Bankkonto:Ein kleiner Schritt reicht

Lesezeit: 3 min

Viele Kunden in Deutschland zahlen für ihr Girokonto mehr als nötig. Dabei genügt oft das günstigere Angebot der Hausbank.

Von Thomas Öchsner, München

Früher füllte man Überweisungszettel aus, heute regeln viele Menschen ihre Bankgeschäfte über mobile Geräte. (Foto: Stefan Wermuth/Reuters)

Wenn es um ihr Girokonto geht, sind Bankkunden treue Seelen. Nicht selten regen sie sich über neue Gebühren, geschlossene Filialen oder die miese Beratung auf - bei einem anderen Institut fremdzugehen, kommt für die meisten trotzdem nicht infrage. Vielen Girokonto-Nutzern ist das zu kompliziert und zu zeitaufwendig, obwohl Banken schon seit zwei Jahren verpflichtet sind, bei so einem Wechsel zu helfen, und dafür auch neue junge Firmen wie Kontowechsel 24 ihre Dienste anbieten. Dabei geht es auch einfacher.

Man kann auch bei seiner Hausbank bleiben und trotzdem eine Menge Gebühren sparen, wenn man ein günstigeres Kontomodell wählt. Das zeigt jetzt eine neue Studie des Düsseldorfer Finanzexperten Udo Keßler für die Süddeutsche Zeitung. Keßler, der einst für die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen tätig war, verglich dafür die Konditionen von fünf überregional präsenten Geldhäusern, drei Direktbanken sowie 15 Sparkassen und Genossenschaftsbanken, unter anderem in Berlin, Frankfurt am Main, München, Nürnberg und Augsburg. Das Ergebnis: Wer bislang ein klassisches Girokonto mit vollem Filialservice gewählt hat und stattdessen zum reinen Online-Angebot seiner Hausbank wechselt, zahlt im Durchschnitt nicht mehr 110 Euro pro Jahr, sondern 56 Euro.

Keßlers Umfrage bei den Geldhäusern zeigt: Man könnte Bankkunden mit Autofahrern vergleichen, die bei höherer Geschwindigkeit aus Bequemlichkeit im fünften Gang fahren, obwohl sie im sechsten weniger Sprit verbrauchen würden. So haben laut der Umfrage im Durchschnitt knapp zwei Drittel der privaten Kunden einer Filialbank ihr Girokonto für das Online-Banking freischalten lassen. Sie erledigen also ihre Bankgeschäfte von unterwegs aus mit Smartphone oder Laptop oder von zu Hause aus mit dem Computer. Doch fast jeder Zweite von ihnen bleibt auch im digitalen Zeitalter dem teureren klassischen Modell des Girokontos treu, in dem sich zum Beispiel Daueraufträge noch persönlich in der Bank problemlos ändern lassen.

Viele Kunden von Sparkassen und Genossenschaftsbanken halten am teureren Kontoklassiker fest

Vor allem die Kunden der Sparkassen und Genossenschaftsbanken halten an dem Kontoklassiker fest. Bei diesen Regionalbanken haben sich im Durchschnitt 60 Prozent fürs Online-Banking angemeldet. Aber etwa die Hälfte zahlt weiter für das klassische, teurere Kontenmodell. Nicht ganz so groß ist die Kluft bei den überregional tätigen Banken: Dort haben sich der Umfrage zufolge bereits zwei von drei fürs Online-Banking angemeldete Kunden für das günstigere, reine Online-Konto entschieden.

Nun könnte man argumentieren, die Kunden melden sich fürs Online-Banking an - und nutzen es dann doch nicht, etwa weil sie keine Lust haben, am heimischen PC Rechnungen zu überweisen und dafür mit Tan-Nummern zu hantieren. Dem ist aber nicht so: Übereinstimmend berichten etliche Institute in ihren Antworten, dass die Zahl derjenigen, die ihr Konto erst freischalten lassen und danach ihre Bankgeschäfte gar nicht online abwickeln, zu vernachlässigen sei. Ein hausinterner Kontentausch wäre also gut möglich. Was aber ließe sich damit genau sparen?

Finanzexperte Keßler hat bei Geldhäusern mit mehr als einer Girokonto-Variante das günstigste klassische Filialmodell mit Girocard (früher EC-Karte) und einer Standard-Kreditkarte ausgewählt. In der monatlichen Pauschale fürs Girokonto müssen dabei auch die Gebühren für beleghafte Überweisungen und in der Filiale erteilte Daueraufträge enthalten sein. Auch bei den Online-Konten pickte sich der Autor der Analyse die preiswerteste Variante mit dem Karten-Duo des jeweiligen Instituts heraus. Der Paketpreis muss dabei sämtliche Online-Buchungen enthalten, inklusive des kostenlosen Abhebens von Bargeld an Automaten der Bank sowie digitaler Kontoauszüge im elektronischen Postfach. Demnach kostete ein klassisches Filialkonto mit beiden Karten bei den untersuchten 20 Filialbanken Mitte September 2018 zwischen 63,80 und 145,88 Euro im Jahr (Tabelle), durchschnittlich sind es 110 Euro. Bei denselben Filialbanken gibt es aber fast immer auch die abgespeckten Online-Konten mit beiden Karten für im Durchschnitt etwa die Hälfte. "Über mehrere Jahre kann da schon einiges zusammenkommen", sagt Keßler. Knapp 88 Euro jährlich können Kunden der Stadtsparkasse München zum Beispiel sparen, wenn sie das klassische Privatgirokonto Komfort gegen das Online-Konto tauschen. Bei der Santander Bank sind es sogar fast 146 Euro Ersparnis.

Manche Geldhäuser verlangen schon ,,Strafgebühren" für beleghafte Überweisungen

Wer den unbequemeren Weg geht und zu einem anderen Geldhaus wechselt, kann jedoch oft mehr herausholen als durch einen hausinternen Tausch. Nach Angaben des Ratgeberportals Biallo.de bieten derzeit 29 Institute ein komplett kostenloses Girokonto an. Sie verlangen also weder eine monatliche Grundgebühr noch Geld für Girocard und Überweisungen, ohne dafür auf einen Geldeingang in bestimmter Höhe zu bestehen. Das gilt auch für die von Keßler untersuchten Direktbanken Comdirect, Deutsche Kreditbank (DKB) und die ING-Diba. "Wer dorthin wechselt, spart auf einen Schlag sämtliche Pauschalgebühren, vorausgesetzt, der Kunde hält sich an die Spielregeln des Online-Banking", sagt der Studienautor.

Wechselwillige, die vom Girokonto mit Filialbankservice zum reinen Online-Konto übergehen wollen, sollten dessen Bedingungen gut kennen. Das raten auch Verbraucherschützer. Sonst kann es sehr teuer werden. Denn wer trotzdem sich etwa Bargeld am Schalter beschafft, Überweisungen auf Papier abgibt oder Kontoauszüge am bankeigenen Drucker herauslässt, wird extra abkassiert. Die meisten Filialbanken berechnen zum Beispiel für eine Überweisung auf Papier zwischen 1,50 und 2,50 Euro - und das jedes Mal. Seit Kurzem verlangt auch die ING-Diba für einen telefonisch oder schriftlich eingereichten Dauerauftrag 2,50 Euro. Die Comdirect nimmt gar 4,90 Euro für jeden beleghaften Auftrag. Solche Extra-Aufschläge würden die Banken in Zukunft wohl noch häufiger erheben, vermutet Keßler. Er spricht von "Strafgebühren zur Abschreckung".

© SZ vom 28.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: