Bahn: Korruptionsvorwürfe:Mitarbeiter unter Verdacht

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Korruptionsskandal bei Bahntochter DB International GmbH: Millionen flossen ins Ausland, die Staatsanwaltschaft hat bereits mehrere Mitarbeiter im Visier.

Daniela Kuhr, Berlin

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt arbeitet mit Hochdruck an den Ermittlungen im neuen Korruptionsfall der Bahn. Im Fokus stünden zehn Mitarbeiter der Tochtergesellschaft DB International GmbH (DBI), sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Montag zur SZ. Sie stünden im Verdacht, mehrfach Schmiergelder an verschiedene Entscheidungsträger im Ausland gezahlt zu haben, um Aufträge für die Bahn-Tochter zu ergattern.

Vor mehr als einem Jahr hatte die Geschäftsführung der Bahntochter DB International GmbH (DBI) Unregelmäßigkeiten in den Büchern entdeckt. Seit Anfang 2009 ermittelt die Staatsanwaltschaft in dem Fall. (Foto: Foto: AFP)

Am Freitag hatte die Konzernmutter Deutsche Bahn mitgeteilt, dass sie in dem Fall schon im vergangenen Jahr die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gehören alle zehn verdächtigen Mitarbeiter dem mittleren Management bei DBI an. Beispielsweise soll es sich um Projektleiter oder auch Leiter des Bereichs Buchhaltung handeln.

Die Bahn hatte am Freitag mitgeteilt, dass es um zweifelhafte Zuwendungen in Höhe eines niedrigen einstelligen Millionenbetrags gehe, die bis in das Jahr 2005 zurückreichten. Betroffen seien unter anderem die Länder Algerien, Ruanda und Griechenland. Nach SZ-Informationen geht es darüber hinaus um Zahlungen in Tansania und Libyen.

Zwei der verdächtigen Mitarbeiter haben ihren offiziellen Wohnsitz in Frankreich, die anderen acht in Deutschland. Alle arbeiten entweder bei DBI in Berlin oder in Frankfurt. Erste Unregelmäßigkeiten hatte die Geschäftsführung von DBI bereits vor mehr als einem Jahr entdeckt. Zunächst versuchte die Bahn damals, die Vorfälle intern zu klären.

Anfang 2009 schaltete sie die Staatsanwaltschaft ein. Mitte des vergangenen Jahres fand eine erste Durchsuchung von verschiedenen Räumlichkeiten statt, vergangenen Mittwoch folgte eine zweite. Es seien Privat- und Geschäftsräume in Frankfurt und Berlin durchsucht worden, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Internes Vorstandsressort kämpft gegen Korruption

Die Unterlagen würden nun ausgewertet und die Verdächtigen vernommen. "Es wird mit Sicherheit mehrere Wochen dauern, bis wir Ergebnisse haben", sagte sie. Die Bahn hat sich von den Mitarbeitern bislang nicht getrennt. "Für sie gilt die Unschuldsvermutung", sagte ein Sprecher des Konzerns. Es existiere eine Rechtsschutzversicherung, die die Bahn extra für solche Fälle abgeschlossen habe.

"Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass die Mitarbeiter vorsätzlich eine Straftat begangen haben, würde die Versicherung natürlich nicht greifen." Er betonte, dass die Bahn mit der Staatsanwaltschaft kooperiere und sehr daran interessiert sei, die Fälle aufzuklären. Im vergangenen Jahr hat die Bahn eigens ein Vorstandsressort für den Kampf gegen Korruption geschaffen.

DBI wurde bereits 1966 - damals noch als DE-Consult - von Deutscher Bank und Deutscher Bundesbahn gegründet. Das Unternehmen sollte Eisenbahnbetreiber und behördliche Einrichtungen in aller Welt in Fragen des schienengebundenen Transports beraten. Mit der zunehmenden Ausrichtung der Bahn auf das internationale Geschäft wurde 2007 aus DE-Consult DB International.

"Bund nimmt seine Eigentümerrolle nicht ernst"

Weltweit plant, berät und managt das Unternehmen im Bereich Infrastrukturprojekte. Beispielsweise hatte DBI das Schienenverkehrskonzept für das Emirat Katar mitentwickelt, das im vorigen Jahr zu einem Großauftrag für die Deutsche Bahn führte. Gemeinsam mit der katarischen Staatsfirma Qatari Diar ist DBI dafür verantwortlich, in dem Emirat ein Schienennetz für den Personen- und Güterverkehr aufzubauen.

Zu den Kunden von DBI zählen öffentliche Auftraggeber, staatliche und private Bahngesellschaften oder auch Industrieunternehmen. DBI beschäftigt 750 Mitarbeiter. Auch in den fünf Ländern, die jetzt im Fokus der Staatsanwaltschaft stehen, geht es um Beratungs- und Planungsleistungen für Infrastrukturprojekte.

Für Anton Hofreiter, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, zeigen die jetzt bekannt gewordenen Vorfälle "wieder einmal, dass der Bund seine Eigentümerrolle nicht ernst nimmt". Es sei zwar nicht ungewöhnlich, wenn es bei einem großen, international tätigen Konzern zu Korruption komme. "Die Vorstellung aber, dass es sich bei diesem Konzern um ein hundertprozentiges Staatsunternehmen handelt, ist geradezu unerträglich." Ohnehin frage er sich, was ein Staatskonzern, der jährlich zehn Milliarden Euro an Steuergeldern erhalte, in diesen Ländern zu tun habe.

© SZ vom 27.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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