Bahn-Affäre:Aufklärer ohne Material

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Die Daten-Affäre um die Bahn eskaliert: Die Sonderermittler Herta Däubler-Gmelin und Gerhart Baum beschweren sich in einem Brandbrief, der Konzern würde ihre Arbeit behindern.

M. Bauchmüller u. K. Ott

In der Datenaffäre bei der Deutschen Bahn (DB) stoßen die Aufklärer offenbar auf Widerstände. In einem Schreiben an Aufsichtsratschef Werner Müller beklagen sich die Rechtsanwälte Herta Däubler-Gmelin und Gerhart Baum, Unterlagen würden ihnen nur unter erschwerten Bedingungen zugänglich gemacht. Die beiden ehemaligen Minister waren Mitte Februar vom Aufsichtsrat als "Sonderermittler" eingesetzt worden. Zusammen mit der Wirtschaftsprüfgesellschaft KPMG haben sie den Auftrag, die wiederholten Spähaktionen in der Belegschaft und eine mögliche Verwicklung des Bahnvorstandes zu untersuchen.

Die Sonderermittler sind sauer. Sie beschweren sich über mangelnde Kooperationsbereitschaft bei der Aufklärung der Daten-Affäre. (Foto: Foto: ddp)

Die Bahn hatte bei massenhaften Datenabgleichen die Adressen und Bankverbindungen von Mitarbeitern mit den Daten von Auftragnehmern des Konzerns verglichen. So sollte geklärt werden, ob sich Beschäftigte selbst Aufträge zuschanzten. Mit Hilfe von Detekteien ging die interne Revision der Bahn einzelnen Verdachtsfällen nach, auch Kontobewegungen wurden überprüft. Die Mitarbeiter selbst erfuhren davon nichts.

"Schlicht unzumutbar"

Bei der Aufklärung der Vorgänge erweise sich die Kooperation der Bahn aber nun als "mangelhaft", schreiben die beiden ehemaligen Bundesminister. "Zudem erhärtet sich der Eindruck, dass einer schnellen und lückenlosen Aufklärung Steine in den Weg gelegt werden." Die Bahn begründete die Probleme mit den üblichen "Anlaufschwierigkeiten" bei solchen Untersuchungen.

Konzernchef Hartmut Mehdorn, der am Mittwoch vom Verkehrsausschuss des Bundestages zu der Datenaffäre befragt wurde, äußerte sich verwundert über den Brief. Er habe den beiden Anwälten zugesichert, sie könnten bei Problemen jederzeit zu ihm kommen, sagte er Teilnehmern zufolge. Dies sei aber nicht geschehen. Die KPMG-Prüfer betonten in einem Schreiben an Aufsichtsrats-Chef Müller, sie sähen "keine Veranlassung, von einer bewussten und gezielten Behinderung unserer Untersuchung durch die Deutsche Bahn AG auszugehen".

Baum und Däubler-Gmelin attackieren in ihrem Brief den Anti-Korruptionsbeauftragten der Bahn, Wolfgang Schaupensteiner. Der frühere Staatsanwalt Schaupensteiner wolle Auflagen durchsetzen, die für die Sonderermittler "schlicht unzumutbar" seien. Außerdem seien von 1150 angeforderten Dokumenten bislang erst 120 zur Verfügung gestellt worden. Es sei aber abgesprochen gewesen, dass die Sonderprüfer Zugang zu allen Schränken, Ordnern und Daten hätten, "ohne vorher um Erlaubnis, evtl. durch Herrn Schaupensteiner" bitten zu müssen, schreiben Baum und Däubler-Gmelin. "Das ist so nicht gewährleistet." Ende März sollen die Ermittler einen Zwischenbericht vorlegen.

Unionspolitiker stützen Mehdorn

Die Befragung von Bahnchef Mehdorn durch den Verkehrsausschuss erbrachte keine wesentlichen neuen Erkenntnisse. Einige Oppositionsabgeordnete hatten gehofft, den Vorstandschef in Bedrängnis bringen zu können, was nach Angaben von Sitzungsteilnehmern aber nicht gelang. Mehdorn wies alle Verantwortung von sich. Der Vorstand habe keinerlei Kenntnis von den Datenabgleichen gehabt. "Wir haben gegen Korruption gekämpft", sagte Mehdorn nach der Sitzung des Ausschusses. "Dabei sind vielleicht Fehler gemacht worden, darüber wird zu reden sein."

Der Leiter der Konzernrevision, Josef Bähr, erschien erneut nicht vor dem Ausschuss. Die Abgeordneten hatten ihn bereits im Februar befragen wollen, damals hatte sich Bähr kurz vorher von der Bahn beurlauben lassen. Dieses Mal entschuldigte er sich mit einem ärztliches Attest. Bähr gilt als Schlüsselfigur im Datenskandal. Die Sonderermittler wollen ihn und 180 weitere Personen als Zeugen befragen.

Während Oppositionspolitiker abermals den Rücktritt Mehdorns forderten, sprangen Unionsvertreter dem Bahnchef bei. "Mehdorn hat alle Fragen so souverän beantwortet", sagte der CDU-Abgeordnete Georg Brunnhuber, der auch im Bahn-Aufsichtsrat sitzt. "Da sieht man, die vertuschen nichts." Andere Aufsichtsräte sehen das anders. Klaus-Dieter Hommel, Chef der Bahngewerkschaft GDBA und Mitglied des Kontrollgremiums, verlangte "freie Hand für die Sonderermittler". Die Vorwürfe von Baum und Däubler-Gmelin widersprächen "allem, was der Aufsichtsrat dem Vorstand ins Stammbuch geschrieben hat". Hommel sagte, er könne das Verhalten der Bahn nicht nachvollziehen. "Wenn das so weitergeht, läuft das bei der Aufsichtsratssitzung Ende März auf einen fürchterlichen Krach mit dem Vorstand hinaus."

© SZ vom 5.03.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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