Bafin: Der Wert der Liste:Ungeheuerliche Zahlen

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Erregt wird über den Wert der Bafin-Liste diskutiert: Dabei bricht sie astronomische Zahlen auf einzelne Institute herunter. Und macht klar, dass die Banker den Bürgern Reue schulden.

Claus Hulverscheidt

Wer sich dieser Tage umschaut im Krisenland Deutschland, wird vieles entdecken, nur keine Krisenstimmung. Natürlich: Die nicht enden wollende Serie schlechter Wirtschaftsnachrichten macht den Menschen Sorge, die Arbeiter bei Opel bangen um ihre Jobs, in vielen Betrieben wird kurzgearbeitet.

Nicht Angst, sondern Wut macht sich in der Bevölkerung angesichts der Finanzkrise breit - so auch bei den deutschen Kunden der schwer gebeutelten islaendischen Kaupthing-Bank. (Foto: Foto: ddp)

Angst oder gar Panik aber ist nicht zu spüren. Wer da über sozialen Unruhen schwadroniert, wie DGB-Chef Michael Sommer dies getan hat, setzt sich dem Verdacht aus, er wolle aus den Turbulenzen vor allem persönliches Kapital schlagen.

Allerdings sollte der gefasste Umgang der Bürger mit der Wirtschafts- und Finanzkrise auch nicht mit Gleichgültigkeit verwechselt werden. Denn auch wenn keine Angst herrscht, so macht sich in der Bevölkerung doch ein anderes, für die Politik ebenso bedrohliches Gefühl breit: Wut. Wut darüber, dass für die Rettung der Banken plötzlich Geld da ist, das vor Monaten für die Finanzierung sinnvollerer Dinge angeblich noch fehlte.

Und Wut darüber, dass die Verursacher der Krise zwar bei ihnen, den Steuerzahlern, um Hilfe betteln, sich aber bis heute - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nicht öffentlich zu ihrem teils grotesken Fehlverhalten bekennen.

Dass die Krise für viele Menschen immer noch so wenig fassbar erscheint, liegt auch an der Ungeheuerlichkeit der Zahlen, um die es geht. Mal heißt es, die deutschen Banken säßen noch auf faulen Wertpapieren im Umfang von 100 Milliarden Euro. Mal ist von 500 Milliarden die Rede, mal gar von einer Billion Euro.

Da kapituliert sogar die Vorstellungskraft ausgewiesener Zahlenfans. Um so wertvoller ist die jetzt aufgetauchte Liste der Bankenaufsicht Bafin, in der die astronomischen Summen erstmals auf einzelne Institute heruntergebrochen werden. Zwar sagt das Papier nichts darüber, wer am Ende wie viel Geld verlieren wird. Es zeigt aber sehr wohl, welche Bank wie tief in welchem Schlammloch steckt.

Zum zweiten macht die Liste deutlich, dass es keineswegs gerechtfertigt ist, alle Institute über einen Kamm zu scheren. So ist etwa die Commerzbank mit insgesamt 101 Milliarden Euro auf gleich sieben der elf Problemfelder vertreten, die von der Bafin definiert wurden, die Postbank dagegen lediglich auf einem - mit nur fünf Milliarden Euro. Und unter den Landesbanken sticht die HSH Nordbank mit einem Risikoportfolio von 105 Milliarden Euro ebenso hervor wie die Helaba mit einem Wert von Null.

Die Politik sollte sich diese Unterschiede genau ansehen, wenn sie jetzt den Banken einen erheblichen Teil der eingegangenen Risiken abnehmen und schärfere Verhaltensregeln für die Branche definieren will.

Sie sollte zum zweiten Ross und Reiter nennen und mit Hilfe der Bafin klären, ob wirklich alle noch aktiven Bankmanager die für ihren Job nötige Eignung mitbringen. Und schließlich sollte sie den Institutsbossen deutlich machen, dass sie dem Steuerzahler nach wie vor eines schulden: Reue.

© SZ vom 27.04.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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