Autoproduktion:Tempi Passati

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Seit 1973 wurde der Passat gebaut, inzwischen gibt es sieben Generationen. (Foto: VW)

Volkswagen überlegt, die Produktion des berühmten Kombis zurückzufahren. Grund dafür sind die veränderten Wünsche der Kunden - Wachstum generiert man heute mit anderen Modellen, so die Annahme.

Von Max Hägler, München

Man muss es den VW-Werbern lassen. Der Spruch wird den meisten Kunden gefallen: "So souverän wie Sie", mit diesen Worten wirbt der Autobauer für seinen Passat. Gerade der Kombi ist neben dem kleineren Golf wohl das bekannteste Modell im Unternehmen, und der bevorzugte Wagen für Vertreter einerseits und Familien andererseits: Staubsauger, Ski und Kinderwagen, in den Kofferraum passt alles mögliche. Das Aggregat ist meist ein Diesel.

Und doch neigt sich diese Ära dem Ende, zumindest ein wenig. Volkswagen überlegt, die Produktion am Standort Emden in einigen Jahren auszusetzen. Die Nachfrage sinkt kontinuierlich. Zwar ist das immer noch "gut verdientes Geld", heißt es aus dem Konzern. Aber nur noch etwa 250 000 Autos in den Varianten Limousine, Kombi und dem aufgemotzten Passat namens Arteon laufen dort vom Band. Nachgefragt werden von den Kunden stattdessen immer öfter schwerere, große und mithin umweltschädlichere Wagen im sogenannten SUV-Format. Von derzeit elf solchen Modellen will VW im Jahr 2025 auf 30 kommen. Diese Fahrzeugkategorie ist eine "Wachstumsmaschine", wie es Markenchef Jürgen Stackmann immer wieder formuliert.

Emden könnte nun das doppelte Schicksal erleiden: Mehr SUV statt Passat und das Ganze auch noch in der Antriebsform Elektromotor. An diesem Mittwoch debattierten jedenfalls Arbeitnehmervertreter und Unternehmensvorstand mal wieder über entsprechende Pläne. Am Freitag in zehn Tagen sollen sie bei der alljährlichen "Planungsrunde" des VW-Aufsichtsrates beschlossen werden. Die Diskussion derzeit sieht dem Vernehmen nach vor, dass der Passat dann künftig in Tschechien bei der Schwestermarke Skoda gebaut wird - und dann zusammen mit dem Skoda-Modell Superb, das zu 70 Prozent dem Passat ähnelt.

Allerdings, das betonen Arbeitnehmervetreter, sei das noch nicht endgültig abgesegnet: Wenn ein bekanntes Produkt wie der Passat aus Deutschland abgezogen wird, dessen Fertigung Jobs sichert, dann muss eine Alternative geschaffen werden. So läuft das in der Autoindustrie, gerade bei Volkswagen, wo Gewerkschafter noch mehr zu sagen haben als sonst.

Die Arbeitnehmervertreter rund um ihren Chef Bernd Osterloh werfen nun ein, dass die Arbeitgeberseite für Emden ja 300 000 Autos pro Jahr versprochen hatte. Das sei nicht erfüllt worden, weil die Nachfrage nicht stimmt. Jetzt, so der Plan der Arbeitnehmer, soll nicht mehr ein Produktionsumfang vereinbart werden, sondern klassisch eine Beschäftigungsgarantie. Mit im Paket der Aufsichtsrats-Debatte: Wie geht es weiter mit dem VW-Standort Hannover, gerade in Anbetracht einer kommenden Nutzfahrzeug-Kooperation mit Ford? VW-Transporter könnten dabei künftig bei Ford in der Türkei gebaut werden - und nicht mehr in Niedersachsen. Ein weiteres Thema, vielleicht noch zukunftsweisender: Wie und wie sehr wird sich der Konzern selbst an der Fertigung von Batteriezellen beteiligen? Arbeitgeber und Arbeitnehmer scheinen hier immerhin auf einer Linie zu sein: Selbst bauen.

© SZ vom 08.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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