Automobilzulieferer in Schieflage:Spiel auf Zeit

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Ziel von 90 Prozent: Maria-Elisabeth Schaeffler möchte erst dann die Bedingungen einer Fusion mit Conti festzurren, wenn die Krise vorbei ist.

K.-H. Büschemann, M. Hesse u. U. Ritzer

Das Familienunternehmen Schaeffler will seine uneingeschränkte Macht über die Continental AG in Hannover auf Jahre hinaus sichern. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung versucht Schaeffler in intensiven Verhandlungen die Gläubigerbanken dazu zu bewegen, der hochverschuldeten Gruppe mehr Zeit für die Neuordnung ihrer Finanzen zu gewähren. Denn die Eigentümer-Familie möchte nicht jetzt, mitten in der Krise, die Bedingungen eines Zusammenschlusses von Conti und Schaeffler festzurren, sondern erst wenn es den Firmen wirtschaftlich besser geht. Dadurch erhofft sich Schaeffler eine bessere Verhandlungsposition. Schaeffler sucht auch nach Wegen, auf finanzielle Hilfe vom Staat verzichten zu können.

Unternehmerin Maria-Elisabeth Schaeffler hat sich mit der Conti-Übernahme verspekuliert. (Foto: Foto: dpa)

Offenkundig will das fränkische Unternehmen verhindern, dass sich Bundes- wie Landespolitiker in die zäh verlaufende Conti-Übernahme einmischen, etwa bei der Frage, wo nach einer Verschmelzung der beiden Unternehmen der Sitz des künftigen Konzerns sein wird. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) will die Zentrale in Hannover sehen, sein bayerischer Amtskollege Horst Seehofer (CSU) hingegen in Herzogenaurach. Bei Schaeffler hält man Staatshilfe auch für zu teuer. "Man kriegt Kredite oder Bürgschaften ja nicht umsonst, sondern muss dafür stolze Zinsen bezahlen", sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person der SZ.

Elf Milliarden Euro nötig

Stattdessen verhandelt Schaeffler nach SZ-Informationen mit den Banken über eine Neustrukturierung der Milliardenkredite in Höhe von elf Milliarden Euro, die Schaeffler für die Übernahme brauchte. Die Konditionen für diese Darlehen sollen auf mindestens fünf Jahre festgelegt werden. Um die zuletzt stockenden Gespräche mit den Banken voranzubringen, hat Schaeffler die Investmentbank Houlihan Lokey hinzugezogen. Über viele Konditionen sei man sich mit den Geldhäusern schon einig, hieß es.

Die Schaeffler-Eigentümerin Maria-Elisabeth Schaeffler und ihr Sohn Georg wollen nach Aussagen aus Unternehmenskreisen Zeit gewinnen, um auf lange Sicht an dem Hannoveraner Reifen- und Autotechnik-Zulieferer einen Anteil von 90 Prozent zu erreichen. Schaeffler hält derzeit knapp 50 Prozent der Anteile, weitere knapp 40 Prozent sind bei Banken zwischengelagert. Damit wäre die Diskussion vom Tisch, dass Schaeffler auf Dauer in dem neuen Unternehmen nur einen Anteil von 40 Prozent oder gar weniger halten könnte.

Schaeffler hatte sich mit der Übernahme von Continental finanziell übernommen. So entstand der Plan, Schaeffler umgekehrt bei Conti einzugliedern, um die Schuldenlast des fränkischen Unternehmens zu senken. Die Schaeffler-Eigentümer wären dann aber mit wesentlich weniger als den angestrebten 90 Prozent an dem neuen Unternehmen beteiligt. Offenbar rückt Schaeffler von diesem Plan aber wieder ab und versucht, die Zeit zu überbrücken, bis die Autokrise ausgestanden ist.

Rasantes Zusammengehen

Bei Schaeffler rechnen Fachleute vor, dass eine Zusammenführung beider Unternehmen schnell gehen könnte und pro Jahr Einsparungen in Höhe von 800 Millionen Euro zu realisieren sind, erfuhr die SZ aus Verhandlungskreisen. Diese Kostenvorteile und das in ein paar Jahren erwartete Ende der Autokrise, so die Hoffnung von Schaeffler, könnten den Franken dann eine bessere Position bei der Festlegung der Anteile am neuen Unternehmen geben.

Im Kreise der Gläubigerbanken wird die harte Haltung Schaefflers jedoch kritisch gesehen. Zwar wollen auch Commerzbank, Hypo-Vereinsbank, LBBW, UBS und Royal Bank of Scotland Zeit gewinnen. Die Gläubiger wollen jedoch sicherstellen, dass von einer Erholung der Schaeffler-Gruppe nicht nur die Eigentümer profitieren, sondern auch sie, heißt es in Bankenkreisen. Es sei unwahrscheinlich, dass sich die Banken auf die Vorstellungen der Familie einließen. Die Verhandlungen über die Zusammenführung der beiden Unternehmen dürften sich vermutlich bis in den Herbst hinein hinziehen, heißt es weiter.

Der Unternehmensberater Roland Berger soll dafür ein Konzept erarbeiten. Doch inzwischen gibt es Zweifel, ob bei der nächsten Aufsichtsratsitzung von Continental Ende Juli schon eine Vorentscheidung über die künftige Struktur fällt. Unklar ist auch, ob der amtierende Conti-Vorstandschef Karl-Thomas Neumann oder der Vorsitzende der Schaeffler-Geschäftsführung, Jürgen Geißinger, das neue Unternehmen führen wird. Beide genießen auf der jeweils anderen Seite nur wenig Vertrauen. Bei Schaeffler wird daher darüber nachgedacht, die neue Firma mit einer Doppelspitze zu führen. Denkbar sei auch das Engagement eines Spitzenmanagers von außen.

© SZ vom 10.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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