Automobilindustrie:Mitten im Sturm

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Bauzaun in Hannover: An der neuen Konzernzentrale wird trotz schlechter Zahlen gearbeitet. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Der weltweit bedeutende Zulieferer Continental vermeldet das schlechteste Ergebnis seit zehn Jahren. Vorstandschef Degenhart fühlt sich dennoch gut vorbereitet für die Zukunft.

Es ist ein übler Tag für den Autozulieferer Conti und seinen Chef Elmar Degenhart. Am Donnerstag präsentiert das Unternehmen seine Geschäftszahlen für das Jahr 2019. Es ist die schlechteste Bilanz seit zehn Jahren. Ein Milliardenverlust. Aber Degenhart glaubt dennoch, das Unternehmen sei gut vorbereitet auf die Zukunft. Ist das vermessen?

Klar ist jedenfalls: Conti steckt aktuell in großen Schwierigkeiten. Die Krise der Autoindustrie, hohe Kosten für den eigenen Konzernumbau und nun noch das Corona-Virus - all das setzt dem Konzern zu. Er muss sein sowieso schon hartes Sparprogramm verschärfen. Denn im vergangenen Jahr machte das Unternehmen - einer der wichtigsten Autozulieferer der Welt - 1,2 Milliarden Euro Miese. Das liegt auch daran, dass milliardenschwere Abschreibungen auf Firmenwerte die Bilanz schmälerten. Und es wird vorerst nicht besser: Für das laufende Jahr 2020 rechnet man bei Conti mit einem weiteren Rückgang der Fahrzeugproduktion. "Die Automobilindustrie weltweit durchlebt gerade einen ihrer bislang heftigsten Stürme", sagt Degenhart. Das werde "uns alle noch lange beschäftigen".

Die Gegenmaßnahmen liefen alle gleichzeitig: "Strukturen umbauen, Kapazitäten verringern, Produktion drosseln oder einstellen und Kosten senken." An der Börse sorgte weniger der jüngste Milliardenverlust als vielmehr der trübe Ausblick für schlechte Stimmung. Die Aktien des Dax-Konzerns aus Hannover stürzten zeitweise um mehr als zwölf Prozent ab und markierten ein Sieben-Jahres-Tief. Conti sei ein sehr großes Unternehmen, das sich bei den schnell sinkenden Marktvolumina mit seinen auf Wachstum angelegten Kosten nicht schnell genug bewege, schrieben die Analysten von Evercore ISI.

Da sich eine Erholung der Konjunktur nicht abzeichnet, will das Management die Kosten weiter drücken. Conti prüfe "zusätzliche Maßnahmen", um auf die sich abschwächende Gesamtlage zu reagieren, sagte Degenhart. Dabei seien auch betriebsbedingte Kündigungen "nicht ausgeschlossen". Mit ersten Ergebnissen werde im Mai gerechnet. Der Betriebsrat reagierte heftig: "Mit Kahlschlag lässt sich keine Transformation gestalten", teilte er mit. Der Vorstand solle stattdessen andere Instrumente nutzen und etwa Kurzarbeit einsetzen, um Entlassungen zu vermeiden, forderte die Arbeitnehmervertretung.

Conti hatte erst im September einen radikalen Umbau angekündigt, von dem bis zum Jahr 2029 etwa 20 000 Arbeitnehmer weltweit betroffen sein werden. Etwa 7000 Arbeitsplätze der mehr als 62 000 Stellen in Deutschland stehen auf der Kippe. Mit dem Programm stemmt sich der Konzern gegen die Autokrise und richtet sich zugleich stärker auf die Digitalisierung und Elektromobilität aus. Weltweit investieren die Autobauer zurzeit viele Milliarden Euro in neue saubere Antriebe, um die strengeren Klimaschutz-Auflagen zu erfüllen. Dazu setzen ungelöste Handelskonflikte und auch die Digitalisierung die Branche unter Druck.

Als Konsequenz erwartet Conti in diesem Jahr bestenfalls einen gleichbleibenden Umsatz von 45 Milliarden Euro, aber auch ein Rückgang sei nicht unwahrscheinlich. Um die Aktionäre dennoch bei Laune zu halten, will Conti trotz des Verlustes eine Dividende von vier Euro zahlen. Die Bilanzstruktur sei "gesund", heißt es beim Konzern in Hannover.

© SZ vom 06.03.2020 / as/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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