Autokredit-Verträge:Käufer chancenlos

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Werbeträger Mario Gomez: Der Bank von Mercedes werden undurchsichtige Kreditverträge vorgeworfen. (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Die erste Verbraucherklage um Kredite der Mercedes-Benz-Bank endet glimpflich für den Autokonzern.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

So kann es gehen mit einem neuen Instrument der Rechtspflege, das erst seit einigen Monaten existiert. Beim Umgang damit hakt und knirscht es - und mitunter gibt es kuriose Überraschungen. Wie vor dem Oberlandesgericht Stuttgart, das am Freitag als erstes deutsches Gericht öffentlich über eine Musterfeststellungsklage verhandelte.

Etwa hundert Zuhörer waren in den vollbesetzten Sitzungssaal 2.10 gekommen. Vor den drei Berufsrichtern saßen sich auf beiden Seiten jeweils vier Anwälte gegenüber. Sie alle machten große Augen, als Richter Oliver Mosthaf verkündete, dass von den 600 Personen, die sich im Klageregister eingetragen hatten, mehr als drei Viertel von dem Fall gar nicht betroffen sind. Einer hatte seine Teilnahme so begründet: "Der Dieselskandal ist eine Sauerei, und ich klage gern mit." Einziges Problem: In der Klage geht es gar nicht um die Abgasaffäre. Sondern um Darlehensverträge der Mercedes-Benz-Bank.

Deshalb musste der 6. Zivilsenat des OLG erst einmal 460 Namen aus dem Klageregister streichen. Bleiben noch etwa 140 Menschen übrig. Diese hoffen auf den sogenannten "Widerrufsjoker". Sie wollen die Widerrufsregeln in ihren Darlehensverträgen für unzulässig erklären lassen. Wenn sie das schaffen, können sie ihr auf Kredit gekauftes Auto zurückgeben und ihr gezahltes Geld zurückbekommen. Dieser Joker würde für alle Fahrzeuge gelten, also sowohl Benziner als auch Diesel-Autos. Und an dieser Stelle wird die Klage für Besitzer von Dieselwagen - zumindest indirekt - spannend: Sie könnten ihr Auto loswerden, und dabei den durch die Dieseldiskussion erlittenen Wertverlust elegant an Hersteller Mercedes weiterreichen.

Ob dieses Kalkül aufgeht, ist allerdings fraglich. Der Senat diskutierte am Freitag zunächst nicht über die Inhalte der Darlehensverträge. Vielmehr ging es in den ersten Stunden nur darum, ob die klagende Schutzgemeinschaft für Bankkunden (SfB) überhaupt berechtigt ist, eine solche Musterfeststellungsklage einzureichen.

Hintergrund: Als der Gesetzgeber diese Klageart zum 1. November 2018 einführte, wollte er einerseits die Rechte der Verbraucher stärken, aber andererseits auch verhindern, dass eine sogenannte "Klage-Industrie" entsteht, die die Unternehmen mit Rechtsstreiten überzieht. "Nicht jeder Verein soll einen solchen Prozess führen dürfen", sagte Richter Mosthaf. Er betonte, dass die Schutzgemeinschaft für Bankkunden erst noch nachweisen muss, ob sie alle gesetzlichen Kriterien erfüllt.

Die Vertreter der Mercedes-Benz-Bank äußerten "erhebliche Bedenken" zur Zulässigkeit der Klage. Zudem betont die Bank, ihre Verträge seien korrekt. Das Gericht schloss sich dieser Ansicht an: Die Widerrufsregeln in den Verträgen seien nicht zu beanstanden, sagte eine Sprecherin des OLG. Am 20. März wird der Senat wohl verkünden, dass der Widerrufsjoker in diesem Fall nicht sticht.

Mehr Chancen auf Erfolg als die 140 Übriggebliebenen von Stuttgart haben wohl jene etwa 400 000 Kläger, die in einer anderen Musterfeststellungsklage vor dem OLG Braunschweig gegen die Volkswagen AG vorgehen. Sie wollen Schadenersatz für ihre Diesel-VW mit manipulierter Abgas-Reinigung. Ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest.

© SZ vom 26.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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