Auswertung von Daten-CD aus Luxemburg:Razzia bei Vermögensberatern

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Den einen verspricht die CD Einnahmen in Millionenhöhe, den anderen Strafverfahren wegen Steuerbetrugs: Die Fahnder folgten den Spuren auf einer Daten-CD aus Luxemburg und durchsuchten jetzt die Büros einer Vermögensberatungsgesellschaft in drei deutschen Städten. Am Ende der Ermittlungen könnten 1200 Steuerflüchtlinge angeklagt werden.

Hans Leyendecker

Auf der Suche nach Unterlagen mutmaßlicher Steuerflüchtlinge, deren Geld auf Luxemburger Konten der britischen Großbank HSBC versteckt ist, hat es eine erste Razzia gegeben. Am Freitagnachmittag voriger Woche durchsuchten Staatsanwälte und Steuerfahnder Standorte einer Vermögensberatungsgesellschaft in Düsseldorf, Stuttgart und München. Das Unternehmen gehört zur Finck-Gruppe und betreut nach eigenen Angaben ein Anlagevolumen in Milliardenhöhe.

Eigentlich sollten die Razzien erst im November stattfinden, doch Medien berichteten vorab und zwangen die Steuerfahnder zu schnellem handeln: In drei deutschen Städten wurden am Freitag die Geschäftsräume einer Vermägensberatungsfirma durchsucht. (Archivbild) (Foto: dpa)

Die Durchsuchungen waren von den Ermittlern für Anfang November geplant, wurden aber vorgezogen, nachdem Medien am Donnerstagabend über das anlaufende Luxemburg-Verfahren berichtet hatten. Seit etlichen Monaten wertet die Wuppertaler Steuerfahndung, die mit den Bochumer Strafverfolgern zusammenarbeitet, eine CD aus, die ein der Öffentlichkeit nicht bekannter Datenbeschaffer vor etwa einem Jahr an die Behörden in NRW verkauft hatte.

Auf diesem Datensatz sollen sich die Namen von 3000 deutschen Kunden des Luxemburger Geldhauses der HSBC befinden. Die neue deutsche CD soll, wie aus Ermittlerkreisen verlautet, nichts mit dem Datenschatz zu tun haben, den ein ehemaliger Informatik-Mitarbeiter der Genfer HSBC Private Bank vor einigen Jahren den französischen Behörden übergeben hatte. Insgesamt waren davon 24.000 HSBC-Konten in der Schweiz betroffen. 9000 von ihnen waren bis zum Bekanntwerden des Falles geschlossen worden.

Es gibt keinen Hinweis, dass sich Luxemburger Konten in dieser HSBC-Datensammlung befanden. Schon vor etlichen Wochen sind Angaben über die etwa 3000 deutschen Kunden der Luxemburger HSBC von der Wuppertaler Steuerfahndung an Finanzverwaltungen in den Bundesländer weitergeleitet worden. Intern gehen Steuerfachleute derzeit davon aus, dass am Ende etwa 1200 Strafverfahren eingeleitet werden.

Ein Großteil der Kunden wird von den Ermittlungen unberührt bleiben. Etliche der inzwischen überprüften Kontoinhaber hatten das Luxemburger Kapital in Deutschland bei der Steuer deklariert, andere sind inzwischen verstorben, oder die Fälle sind verjährt. Am Wochenende kursierten Schätzungen, dass der Fiskus allein durch dieses neue Verfahren mit Einnahmen bis zu 900 Millionen Euro rechnen könne.

Diese Zahlen sind nach Ansicht von Experten äußerst spekulativ. Zum einen liegen keine verlässlichen Gesamtzahlen über die vermuteten Anlagen der mutmaßlichen Steuerhinterzieher vor. Zum anderen werden in aller Regel in Luxemburg weit kleinere Beträge deponiert als beispielsweise in Liechtenstein mit den sehr speziellen Stiftungen: "Luxemburg ist dann doch immer noch eher das Dorado für die Oma, die ihr Erbe für den Enkel sichern will", witzelt ein Fahnder.

Ob der neue Luxemburger Fall, wie prognostiziert, eine neue Flut von Selbstanzeigen auslösen wird, ist ebenfalls unklar. Das Geldhaus HSBC Trinkaus in Deutschland ist, bislang zumindest, nicht von den Ermittlungen betroffen. Auch wurden auffälligerweise bei der HSBC in Düsseldorf am Freitag keine Unterlagen sichergestellt. Allerdings sollen einige Finanzvermittler, gegen die sich ein Verdacht der Beihilfe richten könnte, früher für die HSBC gearbeitet haben.

© SZ vom 17.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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