Ausschüttungen:Die Dividende soll fließen

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Der Münchner Versicherungskonzern widersetzt sich damit einer Vorgabe der EU-Aufsicht.

Von Herbert Fromme, Köln

Allianz-Finanzchef Giulio Terzariol hat die Entscheidung des Konzerns verteidigt, eine Dividende zu zahlen, obwohl die EU-Versicherungsaufsicht sie zum Dividenstopp aufgefordert hatte.

"Die Solvenzquote und die Liquiditätssituation der Allianz sind sehr gut", sagte Terzariol der SZ. "Da gibt es Investoren, hinter denen Sparer stehen." In der aktuellen Situation hätten viele Leute möglicherweise auch Cash-Probleme. Das werde in der Diskussion oft vergessen. "Da können Dividenden helfen." Die Allianz will für 2019 9,60 Euro pro Aktie ausschütten, im Vorjahr waren es 9 Euro.

Beim Aktienrückkauf will sich die Allianz dagegen zurückhalten. Insgesamt plant sie, im aktuellen Programm eigene Papiere für 1,5 Milliarden Euro zu kaufen und so den Aktienkurs zu stützen. "Wir haben zwei Tranchen zu jeweils 750 Millionen Euro", erklärte Terzariol. "Für die zweite Tranche, die wir nach der Hauptversammlung am 6. Mai 2020 beginnen wollten, werden wir uns auf jeden Fall Zeit nehmen." Das Unternehmen habe Zeit bis zum Ende des Jahres.

Die EU-Aufsichtsbehörde Eiopa in Frankfurt hatte Versicherer und Rückversicherer am 2. April aufgefordert, alle Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe auszusetzen. "Die Aussetzung sollte überprüft werden, wenn die finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19 klarer werden." Der Zahlungsstopp solle auch für Ausschüttungen innerhalb der Gruppen gelten, also für Dividendenzahlungen von Töchtern an die Obergesellschaften. Offenbar befürchtet Eiopa, dass Versicherer durch die Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten und dann ihre Schäden nicht mehr zahlen können, weil das Geld an die Aktionäre ging.

In den Niederlanden und in Frankreich haben sich die nationalen Aufsichtsbehörden der Eiopa-Aufforderung angeschlossen, die Franzosen wollen Ausschüttungen bis zum 1. Oktober ausgesetzt sehen.

Die deutsche Finanzaufsicht BaFin geht einen anderen Weg. Zwar hat sie am 24. März die "Erwartungshaltung" veröffentlicht, dass Finanzinstitute von Aktienrückkäufen Abstand nehmen sowie Dividenden sehr sorgfältig abwägen. Aber nach der Eiopa-Erklärung antwortete die deutsche Behörde: "Ein pauschales Ausschüttungsverbot für Versicherungsunternehmen und Pensionskassen hält die BaFin dagegen derzeit nicht für geboten." Es komme immer auf den Einzelfall an.

Talanx und Munich Re wollen wie die Allianz ihre Dividenden zahlen, die Munich Re hat allerdings ihr Rückkaufprogramm gestoppt.

Terzariol geht davon aus, dass die Allianz in der aktuellen Krise nicht gefährdet ist. Selbst wenn höchst negative Umstände zusammenkommen, sei die Allianz stabil. Das Horrorszenario das Finanzchefs: Die Aktienmärkte fallen um weitere 30 Prozent, die Zinsen gehen um ein Prozent nach unten und die Kreditaufschläge, die sogenannten Credit Spreads, erreichen in etwa das Niveau der Finanzkrise von 2008.

"Wenn dann die Ratingagenturen alle Anleihen um eine Stufe niedriger bewerten und wir eine Belastung durch Naturkatastrophen haben, die doppelt so hoch ist wie gewöhnlich, selbst dann wäre unsere Solvenzquote noch besser als 100 Prozent." Die Solvenzquote gibt an, ob ein Versicherer ausreichend Kapital hat, 100 Prozent ist das Minimum.

© SZ vom 08.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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