Aufsichtsräte:Mehr Arbeit, mehr Risiko

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Manager, Vorstandssprecher, Aufsichtsratschef: Hermann Josef Abs, hier auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1982, war eher mäßig daran interessiert, dass die NS-Vergangenheit der Deutschen Bank aufgearbeitet wurde. (Foto: Roland Witschel/dpa)

Früher war die Kontrolle der Manager nicht so wichtig. Das hat sich in den vergangenen Jahren drastisch geändert.

Von Karl-Heinz Büschemann

Von dem früheren Deutsche-Bank-Chef Hermann Josef Abs wird der sarkastische Satz zitiert: "Die Hundehütte ist für den Hund, der Aufsichtsrat für die Katz." Da war etwas Wahres dran, wenn man das Rollenverständnis der Manager in der Nachkriegszeit zugrunde legt. Abs galt damals als der führende Wirtschaftskapitän, und das hatte damit zu tun, dass der Banker, so wird berichtet, in den Sechzigerjahren bis zu 30 Aufsichtsratsmandate hatte, davon 20 als Vorsitzender. Wer viele Mandate hatte, konnte viele Kontakte pflegen und Geschäfte anbahnen. Kontrolle war nicht so wichtig.

Das ist heute nicht mehr denkbar. Solche Ämterhäufung ist inzwischen verboten. Das Aktiengesetz lässt pro Person nur noch höchstens zehn Mandate in Aufsichtsräten zu, maximal dürfen es fünf Vorsitzendenposten sein. Aber selbst das ist in der Praxis überholt. Der Deutsche Corporate Governance Kodex, das Regelbuch für deutsche Unternehmensführung, empfiehlt als Höchstgrenze längst maximal drei Chefkontrolleursposten. Diese Regel wird inzwischen weitgehend eingehalten, meist sogar unterboten. Der Grund dafür ist, dass die Arbeit in den Kontrollgremien zugenommen hat. Längst sind Aufsichtsräte zu Sparringspartnern der Vorstände geworden, die sich mit strategischen Fragen des Unternehmens befassen und zuweilen in ständigem Dialog mit den Vorständen sind. Das ist zwar im Aktiengesetz so nicht vorgesehen, aber ausgeschlossen ist es auch nicht. Die Zeiten der gelassenen Passivität sind in den Aufsichtsräten vorbei.

Wenn sich Aufsichtsräte heute viel intensiver mit einem Unternehmen befassen müssen, hat das mit den komplizierteren Aufgaben in einer globalisierten Welt zu tun, aber auch mit wachsender Haftung. Aufsichtsräte, die sich bei ihrer Arbeit einer Pflichtverletzung schuldig machen, sind persönlich haftbar und können für Fehler in Regress genommen werden. Bei Banken und Versicherungen sind die Anforderungen an die Haftung sogar besonders hoch. Deshalb empfiehlt es sich für Aufsichtsräte, sich auf die Sitzungen des Gremiums gut vorzubereiten. Diese Erkenntnis hatte zwei Folgen für die Aufsichtsräte: Sie nehmen weniger Mandate in Aufsichtsräten wahr, dafür aber werden sie besser entlohnt als früher, als oft nur bessere Aufwandsentschädigungen bezahlt wurden.

© SZ vom 22.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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