Aufarbeitung:Kein Ende in Sicht

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Der Familie Schlecker droht nun auch noch Ungemach von Zivilgerichten in Zwickau und Linz. Lieferanten könnten Schadenersatz fordern.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Nach der Entscheidung des Landgerichts Stuttgart ist die Pleite der Drogeriemarkt-Kette Schlecker noch längst nicht komplett aufgearbeitet. Der Familie Schlecker droht nun auch noch Ungemach von Zivilgerichten in Zwickau und Linz. Das Insolvenzverfahren wird sich unterdessen noch einige Jahre hinziehen, dabei gibt es gute Nachrichten für die 25 000 ehemaligen Mitarbeiter, die ihren Job verloren haben: Sie können sich Hoffnungen auf eine Auszahlung ihrer noch ausstehenden Löhne machen.

Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz ist zuversichtlich, in den kommenden Jahren genügend Geld einzutreiben, um die Ansprüche des früheren Personals erfüllen zu können. Hierfür hat Geiwitz mehrere Schadenersatzklagen gegen Unternehmen eingereicht, die mit illegalen Preisabsprachen in fünf verschiedenen Kartellen den Schlecker-Konzern geschädigt haben. Die Klagen richten sich gegen Hersteller von Kaffee, Zucker, Süßwaren, Drogerieartikeln und Waschmitteln. Gegen sie alle wurden bereits Geldbußen vom Bundeskartellamt oder von der EU-Kommission verhängt. Ein Beispiel: Alleine Procter & Gamble (Ariel, Lenor) musste 2011 211 Millionen Euro Strafe zahlen. "Die Kartelle sind eindeutig belegt", sagt Arndt Geiwitz. Die Schuld der Kartellteilnehmer müsse also nicht mehr geklärt werden, sondern "nur noch die Schadenshöhe für Schlecker". Deshalb sei er zuversichtlich, seine Klagesumme von 311 Millionen Euro eintreiben zu können. Nachdem Verhandlungsgespräche gescheitert sind, geht er davon aus, dass im Frühjahr 2018 die ersten Gerichtstermine beginnen.

Laut Geiwitz werden die ehemaligen Mitarbeiter bei der Verteilung des eingetriebenen Geldes bevorzugt behandelt. Deshalb glaubt er, dass er ihnen eine stattliche Summe ausschütten kann. Allerdings brauchen die sogenannten Schlecker-Frauen noch ein paar Jahre Geduld. Weil sich Geiwitz womöglich "durch die Instanzen prozessieren" muss, könnte es "noch vier bis fünf Jahre dauern", bis das Insolvenzverfahren abgeschlossen ist. Laut Geiwitz fordern die Ex-Mitarbeiter eine dreistellige Millionensumme.

Schlecht sieht es dagegen für die Forderungen der übrigen Insolvenz-Gläubiger aus: Insgesamt machten etwa 22 000 Gläubiger mehr als eine Milliarde Euro geltend. Aber sie werden erst dann bedient, wenn die Mitarbeiter zu 100 Prozent entschädigt wurden und danach noch Geld übrig bleibt. Geiwitz: "Ich sage ganz deutlich, dass ich den Insolvenzgläubigern nur sehr wenig Hoffnung machen kann." Kuriosum am Rande: Lars und Meike Schlecker gehören zu den Gläubigern, die mit am meisten Geld von Anton Schlecker fordern. Das Geld können sie allerdings abschreiben.

Stattdessen müssen sie befürchten, dass sie zusammen mit ihrer Mutter Christa zu weiteren Zahlungen verurteilt werden. Sowohl am Landgericht Zwickau als auch am Landesgericht Linz sind Zivilklagen gegen sie anhängig. In Linz fordert der Masseverwalter der insolventen Schlecker-Nachfolge-Firma Dayli 20 Millionen Euro von Christa, Lars und Meike Schlecker. Sein Vorwurf: Sie hätten vor der Insolvenz in den Jahren 2008 bis 2011 illegalerweise Vermögen aus der GmbH von Österreich nach Deutschland transferiert. In Zwickau geht es um 1,37 Millionen Euro: Diese Summe fordert der Insolvenzverwalter des ehemaligen Schlecker-Personaldienstleistern Meniar von Lars, Meike und Christa Schlecker sowie vom ehemaligen Geschäftsführer. Und zusätzlich könnten nach dem Urteil nun weitere Klagen auf die Familie zukommen: Auch Lieferanten könnten Schadenersatzansprüche geltend machen.

© SZ vom 28.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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