Arcandor:Middelhoff in den roten Zahlen

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Desaströses Ergebnis: Arcandor steckt tief im Minus, Konzernchef Middelhoff muss sich erklären. Ein letztes Mal.

Es sollte alles so schön werden. Ein letzter großer Auftritt, ein selbstbewusstes Lächeln auf den Lippen, dazu ordentliche Arcandor-Zahlen - so hatte sich Konzernchef Thomas Middelhoff das wohl vorgestellt. Doch nun ist alles anders. Der Touristik- und Handelskonzern ist tief ins Minus gerutscht - und Middelhoff auch. Arcandor-Großaktionärin Madeleine Schickedanz - die Middelhoff einst vom Aufsichtsratsvorsitzenden zum Konzernchef befördert hatte - soll ihm das Vertrauen entzogen haben. Zum 1. März 2009 tritt Middelhoff ab.

Letzter großer Auftritt bei der Arcandor-Bilanzpressekonferenz als Chef: Thomas Middelhoff. (Foto: Foto: dpa)

Der Konzernumbau und die Verluste der Warenhaustochter Karstadt haben Arcandor im abgelaufenen Geschäftsjahr massiv nach unten gezogen. Wie der Konzern am Montag in Frankfurt am Main mitteilte, summierte sich das Minus für 2007/08 (Ende September) nach Anteilen Dritter auf 746 Millionen Euro. Grund hierfür seien vor allem Restrukturierungskosten, der Verkauf von Geschäftsteilen, die Integration von MyTravel sowie außerordentliche Steuerbelastungen, begründete das Unternehmen.

Nur dank eines bilanziellen Sondereffekts von rund 63 Millionen Euro bei der Versandhandelstochter Primondo konnte Arcandor sein Ziel eines bereinigten operativen Ergebnisses vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von mindestens 800 Millionen Euro erreichen. Der Konzern wies 820 Millionen Euro für diese Kennzahl aus. Der Umsatz sank auf Pro-Forma-Basis um 1,1 Prozent auf 19,9 Milliarden Euro. Ende September lagen die Bankschulden und sonstigen Finanzverbindlichkeiten bei 802 Millionen Euro.

"Das operative Ergebnis zeigt, dass die strategische Neuausrichtung der vergangenen vier Jahre Früchte trägt", sagte der scheidende Arcandor-Chef Middelhoff, der Anfang März von Telekom-Finanzchef Karl-Gerhard Eick abgelöst wird. Die Entscheidung, dem Konzern mit dem massiven Ausbau des Tourismus zum Stammgeschäft eine neue Wachstumsperspektive zu geben zahle sich aus. Thomas Cook macht rund 60 Prozent des Umsatzes und rund 90 Prozent des operativen Ergebnisses aus.

Währungseffekte führten bei der Reisetochter zwar zu einem Umsatzrückgang von 3,2 Prozent, doch verbesserte sich mit der Integration von MyTravel der operative Gewinn um 200 auf 735 Millionen Euro. Die Versandhandelstochter Primondo (Quelle und Spezialversender) wies ein bereinigtes Ebitda von 90 (Vorjahr 85) Millionen Euro aus, ihr Umsatz erhöhte sich um 6,7 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro.

Stellenabbau in der Karstadt-Zentrale

Zu hohe Kosten, eine verfehlte Rabattpolitik und den sinkenden Umsatz machte Middelhoff für den operativen Verlust von 4,2 Millionen Euro bei Karstadt verantwortlich, nachdem im Vorjahreszeitraum noch ein Gewinn von 147,7 Millionen Euro zu Buche stand. Karstadt sei "entglitten", sagte Middelhoff selbstkritisch.

Das Management will mit einem Stellenabbau in der Karstadt-Zentrale und einem Kostensenkungsprogramm gegensteuern, bei dem die Mitarbeiter im Konzern auf bis zu zwölf Prozent des Jahreseinkommens verzichten müssen.

Middelhoff gab sich optimistisch, die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt zu haben. Das Weihnachtsgeschäft laufe "relativ normal und zufriedenstellend". Der Umsatz von Karstadt liege bisher auf Vorjahresniveau, bei Primondo etwas darunter.

Middelhoff bekräftigte die bereits gesenkte Prognose für das Geschäftsjahr 2008/09, die ein bereinigtes Ebitda der operativen Bereiche von mehr als 1,1 Milliarden Euro vorsieht. Sie hänge aber davon ab, dass sich das Ausmaß der Finanzmarktkrise nicht "signifikant verstärkt und die Rezession nicht über das prognostizierte Maß hinausgeht".

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa/mel/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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